Die Geschichte des Pfauen reicht mehr als 400 Jahre zurück, aber allein­ schon in jüngerer Zeit war sie recht wechselhaft. Nach Höhenflug und Bodenlandung zählt in Schorndorf nun die goldene Mitte – schwäbisch, österreichisch, gut, findet unser Restauranttester Matthias Ring.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Schorndorf - Die Geschichte des Pfauen reicht mehr als 400 Jahre zurück, aber allein schon in jüngerer Zeit war sie recht wechselhaft. Und wie man so hört, denken manche Schorndorfer immer noch an Sterneambitionen, obwohl der Pächter Marcus Krietsch, der sich hier von 2010 an zu etablieren versuchte, schon 2014 aufgeben musste und sich seitdem auf die Fuggerei in Schwäbisch-Gmünd konzentriert. Zwischenzeitlich bespielte deutlich bodenständiger die Gamundia Gastronomie das Traditionshaus, das sich im Besitz von Gerald Feig (Flex Fonds) befindet.

 

Seit September sind Alexander und Michelle Dohnt die Neuen im Pfauen. Sie betreiben in Schorndorf auch die Ta os Skybar und waren heuer mit einer Lodge erstmals auf dem Cannstatter Wasen präsent. Im Pfauen haben sie einen edelrustikalen Vintage-Look installiert, der gut mit dem Fachwerkhaus harmoniert. Als Küchenchef ist Jan Widmann nach Stationen wie Burgrestaurant Staufeneck und Merkles Restaurant am Kaiserstuhl wieder in seine Heimatstadt zurückgekehrt.

Schwäbische Wurzeln, österreichische Einflüsse

Trotz schwäbischer Wurzeln, die sich mit sorgsam ausgewählten Produkten auf der Karte widerspiegeln – die Dohnts sind Österreich-Fans und haben auch den Küchenchef „auf den Geschmack gebracht“. Der Sommelier Marcel Truckenmüller empfiehlt uns dennoch ein heimisches Gewächs, eine würzige Cuvée aus Cabernet-Sauvignon und Merlot vom Weingut Idler (6,40 Euro für 0,2) – gute Wahl! Wie auch das Herbstmenü, vier Gänge für 49 Euro.

Die zarte Wachtelbrust ist dekorativ und schmackhaft von Roter und Gelber Bete sowie einem Feldsalatbouquet umgeben. Das Topinambursüppchen ist von schaumig-geschmeidiger Konsistenz und sehr gut abgeschmeckt. Für einen Kick darin sorgt geräucherte Forelle. Der saftige Hirschkalbsrücken unter einer Cranberrykruste hat mit Kürbisstückchen und vor allem luftig gebackenen Grießnocken gute Begleiter. Auch die zweite Vorspeise, für 10,50 Euro à la carte, überzeugt: Blutwurst wurde von der Pelle befreit und knusprig gebraten. Als erdig-süßen Ausgleich zu dieser deftigen Angelegenheit gibt es Kürbis und Zwetschge. Allein das zweite Hauptgericht tanzt aus der Reihe. Das Zanderfilet (21,50 Euro) ist relativ dünn und etwas zu durchgegart, beim Szegediner Kraut sticht die Paprikanote heraus und stiehlt dem Erdäpfelragout die Show. Das geteilte Dessert des Menüs – ein Apfelküchle mit Vanilleeis und -soße – ist ein recht braver Ausklang.

Gottlieb Daimler wurde nebenan geboren

Insgesamt also ein geschmacksintensives Erlebnis, bei dem auch Alt-Schorndorfer mit ihrer Angst vor zu abgehobener Küche zufrieden sein sollten. Gäste von außerhalb können im Pfauen übernachten. Das Boutique-Hotel bietet sieben individuell eingerichtete Zimmer, die mit ihrer Namensgebung Bezug auf den größten Sohn der Stadt nehmen: Gottlieb Daimler wurde im Nebenhaus geboren, der Pfauen war einst im Besitz seines Großvaters.

Die Bewertung

Küche vier von fünf Sternen

Service vier von fünf Sternen

Ambiente vier von fünf Sternen