Außerirdisch gut findet der Kabarettist Christoph Sonntag eine Skulptur in Waiblingen.

Waiblingen - Nein, einen Unfall gibt es zum Glück nicht beim Fototermin an der Ausfallstraße von Waiblingen nach Winnenden. Aber der ein oder andere Autofahrer geht schon kurz vom Gaspedal angesichts des Kabarettisten, der da im Kreisel sitzt – unter sich grünes Gras, vor sich einen Fotografen in Kauerstellung und hinter sich die Skulptur „Sonde“ des Bildhauers Christoph Traub. Dass das Kunstwerk just an dieser Stelle, im Schäferkreisel, steht, an dem sich die Winnender Straße mit der Beinsteiner Straße kreuzt, das hat die Stadt Waiblingen ihrem prominenten Sohn Christoph Sonntag zu verdanken.

 

Lange Zeit hat der 55-Jährige, der am Staufer-Gymnasium Abitur gemacht hat, gleich um die Ecke gewohnt. Als Ende der 1990er Jahre bekannt wurde, dass dort ein Kreisverkehr gebaut werden soll, war für den Kabarettisten, der aus einer sehr kunstaffinen Familie kommt, sofort klar: „Es kann nicht sein, dass da nur Gras wächst – da muss ein Kunstwerk drauf.“ Doch das hatte die Stadt nicht vorgesehen. „Dafür ist kein Geld da“ – so habe die Botschaft aus dem Rathaus gelautet, erinnert sich Sonntag. Und erzählt, was die „Ding-Dang-Dong“-Melodie der Glocke des Waiblinger Alten Rathauses übersetzt bedeute: „Stadt braucht Geld.“

Stiphtung mit „ph“

Wer Christoph Sonntag nur ein bisschen kennt, weiß, dass sich der Mann von solch einem Argument nicht ausbremsen lässt. Mit seiner Christoph-Sonntag-Stiphtung, die sich mit „ph“ schreibt, weil sie im Gegensatz zur klassischen Stiftung kein eigenes Vermögen hat, zieht er immer wieder Fördergelder und Spenden an Land, um soziale oder ökologische Projekte zu stemmen, die ihm am Herzen liegen.

Sonntag hat also damals kurzerhand den Bildhauer Christoph Traub aus Schorndorf kontaktiert, mit dem er befreundet ist. „Mit ihm habe ich an der Stadt vorbei Verhandlungen über ein Kunstwerk für den Schäferkreisel geführt“, erzählt er. Das Ergebnis war ein schwergewichtiges, unbemanntes Flugobjekt namens „Sonde“, das der Künstler aus einem behauenen und geschliffenen Granitstein geschaffen hat. An dem Stein sind rechts und links ansatzweise Flügel zu erkennen, die allerdings viel zu kurz sind, als dass die Sonde das Weite suchen könnte. Stattdessen thront sie auf einem Stahldoppelträger, den Christoph Traub secondhand erstanden hat. Das Gesamtgewicht des Kunstwerks liegt bei rund fünf Tonnen, und es ragt stolze 5,35 Meter in die Höhe.

Von dort oben hat das außerirdische Etwas alles im Blick, was da unten in der Stadt Waiblingen so läuft. „Die Sonde sieht alles – ein bisschen wie der liebe Gott“, sagt dazu Christoph Sonntag, „sie beobachtet, wer da in die Stadt hinein- und aus ihr herausfährt und mit welchen Absichten. Aber sie hält die Klappe und ist ein neutraler Beobachter.“ Christoph Traub, der Erschaffer, sagt, der Gast aus dem Weltall habe sich in Waiblingen niedergelassen. Auf einem Platz, den die Autos umkreisen – wie die Planten die Sonne.

Skulptur steht seit dem Jahr 2000

Im Jahr 2000 ist die Skulptur aufgestellt worden. Zu einer Zeit, als Christoph Sonntag sich nicht hätte träumen lassen, dass er Jugendlichen einmal die Vorteile der Demokratie würde erklären müssen. Genau darum geht es aber in seinem neuen Stiphtungs-Projekt „Demokratiewochen“, an dessen Konzept er gerade feilt.

Doch zurück zur Skulptur: „Die Stadt hat sie für acht Jahre als Leihgabe bekommen, mit der Option auf einen späteren Ankauf. Ich will ja keine Probleme schaffen“, sagt Sonntag. Ob der Deal vollendet wurde? „Die Skulptur steht noch, ich habe aber keine Ahnung, ob die Stadt sie gekauft hat.“ Dazu lässt sich sagen: Sie hat, im Jahr 2016.

„Skulpturen finde ich super“, sagt Sonntag, „sie sagen mir mehr als abstrakte Farbflächen.“ Angesichts von fünf Tonnen Stahl und Granitstein komme ihm beispielsweise der Gedanke: „Was ist der Mensch – 80 Prozent Wasser, und der Rest nervt.“ Wobei die „Sonde“ nach Sonntags Geschmack durchaus ungefähr sechsmal größer sein dürfte, um noch mehr aufzufallen im Kreisverkehr. Sein Vorschlag zur Güte: „Man könnte den Schäferkreisel in Sonntagkreisel umbenennen, eine lebensgroße Christoph-Sonntag-Figur aufstellen, und Christoph Traubs Kunstwerk nehme ich mit und stelle es in meinen Garten in Bad Cannstatt.“

Hintergründe

Christoph Sonntag wurde 1962 geboren, in eine kunstbegeisterte Familie. Sein Vater Horst war lange Jahre Grünplaner bei der Stadt Waiblingen. Auch Christoph Sonntag hat Landschaftsplanung studiert, nebenbei journalistisch gearbeitet, dann aber auf den Rat eines Journalisten aus seinem Hobby Kabarett seinen Beruf gemacht. 2007 hat er seine „Stiphtung Christoph Sonntag“ gegründet, die sozial benachteiligte Kinder unterstützt, mit Projekten das Naturbewusstsein des Nachwuchses sowie Toleranz und Demokratie fördert.

Der 1964 geborene Bildhauer Christoph Traub hat eine Bildhauerlehre bei seinem Großvater Fritz Nuss absolviert und an der Kunstakademie Karlsruhe studiert. Wer ihn bei der Arbeit erleben will, hat beim Bildhauersymposium in Schorndorf vom 11. bis 25. Juni Gelegenheit dazu. Am 1. und 2. Juli öffnet er sein Atelier in der Stuttgarter Straße in Schorndorf für Besucher.