In den Kleeblatt-Heimen werden Betten geblockt, um Mitarbeiter zu schützen. Personal fehlt an allen Ecken. Die Politik ist gefragt.

Die Situation in den Pflegeheimen ist dramatisch – auch im Landkreis Ludwigsburg. Nur: Alleine mit dieser Aussage holt man dieser Tage keinen Hund mehr hinter dem Ofen vor. Das Thema ist nicht neu, das Problem womöglich zu weit weg. Dass das aber ein Trugschluss ist, macht der Kleeblatt-Chef Stefan Ebert mehr als deutlich. Das Unternehmen betreibt aktuell 26 Pflegeheime im Landkreis Ludwigsburg. Ebert sagt: „Es ist fünf nach 12. Wenn das so weitergeht, wird irgendwann ein Kleeblatt zumachen müssen.“

 

Betten werden geblockt

Natürlich wolle man das mit allen Mitteln verhindern. Aber die Pflege befindet sich in einem regelrechten Teufelskreis. Während die Zahl der Pflegebedürftigen immer weiter wächst, geht die Zahl der Pflegenden immer weiter zurück. Was sich mittlerweile auch in den Pflegeplätzen niederschlägt: Betten werden geblockt, um die Mitarbeiter zu schützen. Die Kleeblatt-Pflegheime haben derzeit nur eine Auslastung von 88 Prozent. 80 bis 90 Betten in den Einrichtungen sind nicht belegt. Fünf in Tamm, fünf in Oberstenfeld, zehn in Freiberg und so weiter. . . Eine schleichende Entwicklung, die sich im Laufe der Coronapandemie eingestellt hat.

Betten nicht zu belegen, ist nach außen nur schwer vermittelbar. Aber nötig, sagt Stefan Ebert. Weil Personal fehlt, sind die Mitarbeitenden vor Ort am Limit. Um sie nicht weiter zu überlasten, werden die Plätze reduziert. Zumal man den Bewohnern sonst auch nicht gerecht werden kann. Dieses Problem in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, hatten sich die Kleeblatt-Verantwortlichen daher zum „Tag der Pflege“ Mitte Mai vorgenommen. Normalerweise gab es an diesem Tag immer Ehrungen und Dank. Diesmal war klar: „Wir müssen mal ein bisschen Radau und Rabatz machen, dass es so nicht weitergehen kann.“

Zu einer Aktion auf dem Ludwigsburger Wochenmarkt kamen etwa 200 Kleeblatt-Mitarbeiter und -Bewohner und bildeten eine Menschenkette. An einem Infostand wurde über die Arbeit der Pflegenden gesprochen, ein leeres Pflegebett zeigte eindrucksvoll den Ernst der Lage in der Branche. Die Reaktionen der Menschen: „Dass die Situation nicht rosig ist, wussten viele. Dass es so prekär ist, hat aber viele erschreckt“, so Stefan Ebert. Den Satz „Hoffentlich werde ich mal nicht pflegebedürftig“ hab er an dem Tag sehr oft gehört.

„Ein Zeichen konnten wir setzen“

Ob eine solche Aktion denn etwas bringt? „Ein Zeichen konnten wir setzen – ob es nun etwas bewirkt oder nicht“, sagt der Kleeblatt-Geschäftsführer. Unermüdlich, auch bei der Aktion auf dem Wochenmarkt, mache er Werbung für Jobs in der Pflege. „Ein wirklich schöner Beruf, krisensicher, Potenzial ohne Ende . . .“ Aber die Rahmenbedingungen eben. „Da muss die Politik ran“, betont Ebert. „Wir kriegen das allein nicht hin.“ Zu groß und zu tief liegen die Probleme. Denn die Rahmenbedingungen müssen sich ändern. Die Pflegenden fordern unter anderem die Einschränkung der Leiharbeit, Bürokratie-Abbau, Aufbau des bürgerschaftlichen Engagements oder die Implementierung der Pflege als zentralen Baustein der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Die Folgen des Notstands in der Pflege sind schon heute deutlich greifbar: Anfang 2023 wurde bekannt, dass ein Pflegeheim in Berglen (Rems-Murr-Kreis) geschlossen werden muss – aus Personalmangel.