Es ist kein Pflegeheim, aber in dem neuen Wohnprojekt in Heimerdingen werden alle Leistungen wie in einer stationären Einrichtung angeboten. Die Stadträte heißen die Pläne gut, üben aber auch Kritik.

Ditzingen - Noch steht das neue Pflegewohnen im Ortsteil Heimeringen gar nicht, doch schon jetzt gibt es mehr Interessenten dafür als Plätze. Mehr als 35 Personen stünden auf der Warteliste, sagt der Bürgermeister Ulrich Bahmer. Gebaut werden aber nur 27 Wohnungen – was auch noch drei mehr sind als geplant. Bei den Kommunalpolitikern löst das nicht nur Freude aus. Schließlich wird auch wegen dieser zusätzlichen Wohnungen das Gebäude deutlich wuchtiger als ursprünglich geplant. Dennoch gilt die Zustimmung des Gemeinderats nächste Woche als sicher.

 

In den Fachausschüssen des Gemeinderats war in dieser Woche vielfach von einem Kompromiss die Rede. Die Stadträte mussten sich mit dem Bebauungsplan und dem Grundstücksverkauf an die gemeinnützige Gesellschaft „Vielfalt Leben“ befassen. Diese ist eng verknüpft mit der Heidehofstiftung und beschäftigt sich mit ambulant betreuten Wohnformen.

Freude beim Ortsvorsteher

Die Heidehof Stiftung investiert rund zehn Millionen Euro in die landesweit einmalige Einrichtung. Sie bietet ambulant alles an, was bisher nur ein stationäres Pflegeheim leisten kann: Betreuung rund um die Uhr in Wohngemeinschaften; Pflegewohnen in Apartments, in denen tatsächlich Menschen leben, die die Pflege – anders als im betreuten Wohnen – auch jederzeit in Anspruch nehmen. Zudem soll es eine Tagespflege geben, die an sieben Tagen geöffnet ist, sowie einen Andachtsraum und ein Café, das einen Mittagstisch anbietet. Zudem entstehen jene 27 Wohnungen, die bezahlbarer Wohnraum für alle sein sollen, für Alleinstehende wie auch Familien. Alles, was der Gemeinderat inhaltlich vorgegeben habe, sei umgesetzt worden, bilanzierte der Bürgermeister Bahmer.

„Ich bin froh, dass wir ein so gutes, modernes Konzept bekommen“, sagte der Heimerdinger Ortsvorsteher und CDU-Stadtrat Fritz Hämmerle. Der Ortschaftsrat hatte den Plänen bei einer Enthaltung zugestimmt. Dem Gremium sei es wichtig, dass die Einrichtung schnell komme, so Hämmerle. Laut Hämmerle leben unter den 3700 Heimerdingern 170, die älter als 80 Jahre sind und 60, die älter als 85 sind.

Differenzierter äußerte sich der Ortschafts- und Gemeinderat Bernhard Arzt (Freie Wähler), der von einem Kompromiss sprach. Das Gebäude hat vier Geschosse, das oberste wird zurückgesetzt. Man könne jetzt nur hoffen, dass die Immobilie nicht als eine Wand wahrgenommen werde, so Arzt. „Aber was sollen wir es ablehnen. Die Leute fragen, wann wir bauen“, erinnerte er an den Bedarf. Darauf verwies dann auch der FDP-Rat Horst Ludewig. Die Bauarbeiten sollen im Herbst beginnen.

Stadt knüpft ihren Zuschuss an Bedingungen

27 Wohnungen seien „eine relativ grenzwertig große Zahl“, kritisierte hingegen Hans-Peter Straub (Grüne). Der Oberbürgermeister Michael Makurath hielt den Bau „für noch vertretbar“ und argumentierte mit dem „riesigen Bedarf auch in Heimerdingen“. Er warb für die Planung: Wenn es diesen Bedarf gebe, sei die Stadt „gut beraten, Kompromisse einzugehen“. Anders als Straub sprach sich auch die Grünen-Fraktionschefin Doris Renninger dafür aus: „Der Boden wird versiegelt, ob ein Stockwerk drauf kommt oder nicht – wir tragen es mit.“

Die Stadt bezuschusst das Projekt mit 200 000 Euro. Eine Bedingung dafür war laut dem Bürgermeister ein Belegungsrecht für die Stadt im betreuten Wohnen. Sie hat sich neun Plätze gesichert. Das bedeutet, dass im Zweifel Ditzinger Bürger Vorrang haben.

Auch wenn die neue Wohnform realisiert ist, hat die Stadt nach dem Kreispflegeplan weiterhin Bedarf an Pflegeplätzen. Der Schwerpunkt werden laut Bahmer weiterhin neue Wohnformen sein. Der Gemeinderat werde sich als Nächstes mit einem Projekt in der Kernstadt befassen.