„Voraussichtlich Anfang 2021“ beginnen die Bauarbeiten bei diesem Nadelöhr, heißt es nun. Warum? Und was genau ist geplant, um Ausweichverkehr einzudämmen?

Pforzheim - Für Pendler und staugeplagte Anwohner ist es eine neue Hiobsbotschaft: Der Ausbau der A 8-Enztalquerung verzögert sich erneut. Das verkündet das Regierungspräsidium Karlsruhe in einer Pressemitteilung. Wir geben einen aktuellen Überblick über das Millionenprojekt und den neuen Zeitplan.

 

Wann geht’s los?

Den Spatenstich für den Ausbau der Enztalquerung haben der Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und der Bundes-Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU) schon im April 2018 gefeiert. Die richtigen Bauarbeiten lassen aber weiter auf sich warten. Für Sommer 2019 war der Baubeginn einmal geplant, später wurde er um ein Jahr verschoben, dann auf Ende 2020 terminiert. „Nach derzeitigem Zeitplan wird sich der Baubeginn voraussichtlich auf Anfang 2021 verschieben“, heißt es nun in der Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

Was wird gebaut?

Zwischen Karlsruhe und München ist die A 8 mittlerweile komplett ausgebaut – bis auf zwei Engstellen: Neben dem Albaufstieg bei Mühlhausen im Filstal ist das der Abschnitt durch das Enztal zwischen den Abfahrten Pforzheim-Nord und Pforzheim-Süd, wo sich der Verkehr auf zwei Spuren verengt. Einen Höhenunterschied von rund 100 Metern müssen die täglich bis zu 100 000 Fahrzeuge durch die Enztalsenke bewältigen. Deshalb soll dort die Fahrbahn von vier auf sechs Spuren ausgebaut und zugleich die Anbindung an die B 10 ertüchtigt werden.

Ist nur die Autobahn betroffen?

Nein. Auch Brücken, die über die Autobahn führen, müssen verbreitert werden. Daran wird derzeit schon gearbeitet. Eine Eisenbahnbrücke ist bereits ersetzt worden. Jetzt ist die Brücke der Straße zwischen Eutingen und Niefern dran. Von Ende April an werden die Stahlträger für den späteren Brückenüberbau auf die Baustelle geliefert. „Die Fertigstellung des neuen Überführungsbauwerkes ist für September 2020 geplant“, sagt Irene Feilhauer, die Sprecherin des Karlsruher Regierungspräsidiums. Trotz Bauarbeiten könne der Verkehr auf der A 8 uneingeschränkt aufrechterhalten werden.

Muss man die Autobahn sperren?

Die Arbeiten an den Brücken waren der Grund, warum die A 8 in den vergangenen Jahren an einzelnen Wochenenden bereits voll gesperrt war. Auch in diesem Jahr ist das der Fall. Drei Vollsperrungen auf der A 8 sind erforderlich, teilt das RP mit. Ebenfalls wegen der Brücken. Diese werden zwar neben der Autobahn fast fertig gebaut. Am Ende müssen sie aber über die Autobahn geschoben werden – dafür braucht es die Vollsperrungen, die an Wochenenden erfolgen und maximal 24 Stunden dauern. Zwei Vollsperrungen braucht es 2020 für die Brücke der Straße zwischen Eutingen und Niefern und eine Sperrung für den Bau eines Geh- und Radwegs bei Pforzheim-West.

Was haben die Anwohner davon?

Für die Menschen, die direkt an der A 8 wohnen, wird viel in den Lärmschutz investiert. Auf einer Länge von 380 Metern gibt es aufwenige Lärmschutzwände und –wälle.

Wann ist das Projekt fertig?

Fünf Jahre dauern die Bauarbeiten, teilt das RP mit. Wenn ab 2021 also tatsächlich gebaut wird, könne man mit der Fertigstellung 2026 rechnen. Dann ist übrigens das Regierungspräsidium gar nicht mehr zuständig. Von Januar 2021 an verwaltet der Bund seine Autobahnen selbst und lässt die Bauprojekte von der neuen Gesellschaft „Die Autobahn GmbH des Bundes“ abwickeln. Diese baut dann nicht nur die Enztalquerung, sondern auch die A 81 bei Böblingen und Sindelfingen.

Was kostet der Ausbau?

Kosten von 150 Millionen Euro werden für den Autobahnausbau angegeben – allerdings hieß es das schon beim Beschluss im Mai 2015. „Zu den Kosten können wir erst nach Fertigstellung der Ausschreibungsunterlagen verlässliche Angaben machen“, sagt Feilhauer auf Nachfrage.

Gibt es Kritik?

Angst gibt es bei Anwohnern, dass Autofahrer während der Bauarbeiten massenweise von der Autobahn abfahren und die umliegenden Gemeinden verstopfen. In Fahrtrichtung Karlsruhe wären zum Beispiel von der Ausfahrt Heimsheim aus drei Ausweichrouten betroffen: Die Strecken Mönsheim-Wiernsheim-Pinache-Mühlacker, die Strecke Friolzheim-Wimsheim-Wurmberg-Öschelbronn-Niefern und schließlich die Strecke Heimsheim-Tiefenbronn-Pforzheim.

Was tut man gegen Ausweichverkehr?

„Unser Augenmerk liegt auf einer möglichst hohen Verkehrsqualität im Baustellenbereich“, sagt RP-Sprecherin Irene Feilhauer. Soll heißen: Die Autofahrer sollen erst gar nicht von der Autobahn abfahren. Um das zu gewährleisten, verspricht das RP, in jede Richtung zwei Spuren mit ausreichender Breite und ohne starke Verschwenkungen offen zu halten. „Eine Ausleitung des Autobahnverkehrs auf das nachgeordnete Netz erfolgt nur bei unvorhersehbaren Ereignissen wie bei Unfällen oder bei im Bauablauf unvermeidbaren Vollsperrungen“, sagt Feilhauer. Sperrungen gebe es nur an Wochenenden.

Was ist mit Stauanzeigen?

Der FDP-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert hatte Schilder mit Anzeigen gefordert, auf denen steht, wie lange die Reisezeit auf den Ausweichstrecken dauert. Autofahrer sollen somit sehen, dass es über die Autobahn doch schneller geht. Das lehnt das Verkehrsministerium aber ab. „Das wäre ein Riesenaufwand“, erklärte der Minister Winfried Hermann Anfang Februar im Landtag. Es gebe viel zu viele verschiedene Ausweichrouten. „Unser Hauptziel ist, dass die Leute auf der Autobahn bleiben“, sagte Hermann. Dafür plane man Dauerschilder, auf denen diese Botschaft steht und Stauanzeigen, die informieren, wie lange die Verzögerung durch den Baustellenstau dauert. Hermann: „Wir glauben, dass mit diesen Anzeigen die Akzeptanz wächst.“

Warum verzögert der sich Bau?

Laut der Karlsruher Behörde liegt das an den komplizierten Planungen, der Rechtslage und an Fehlern bei den Planungsbüros. Im Juni 2019 wurde bekannt, dass die Ingenieurbüros Bearbeitungsrückstände haben und nicht vorankämen – das zog ein ernstes Gespräch mit Regierungspräsidentin Sylvia Felder (CDU) nach sich.

Jetzt sind es ihre Beamten selbst, die für die Prüfung der Unterlagen „mehr Zeit als geplant“ benötigen, wie es in der Pressemitteilung heißt. Außerdem habe man Mitte Februar festgestellt, dass man einzelne Arbeiten separat ausschreiben müsse. Örtliche Politiker kritisierten scharf, dass die Baustelle nun nochmals ein halbes Jahr länger dauert. „Das ist eine unzumutbare Situation für die Anwohner und die Nutzer der A 8“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum. Als „Armutszeugnis der Planung“ bewertet es der Enzkreis-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert (FDP).