Phil Taylor genießt schon seinen Ruhestand, Raymond van Barneveld spielt noch ein Abschiedsjahr, und auch Gary Anderson äußert Rücktrittsgedanken. Die Ikonen des Darts verlassen die große Bühne – doch die Jugend steht bereit.

London/Köln - Auch ein Jahr nach seinem Rücktritt ist Darts-Legende Phil Taylor im „Ally Pally“ immer noch präsent. Obwohl der Rekordweltmeister nicht mehr auf der Bühne steht, grölen die Fans zu Tausenden vom „Taylor Wonderland“. Die WM in London genießt Taylor aber nur noch von der Couch aus - und andere Ikonen des Pfeilesports werden es ihm bald gleichtun, dem Darts steht ein großer Umbruch bevor.

 

So spielte auch der zweimalige Weltmeister Gary Anderson am Rande des Spektakels im Alexandra Palace mit Rücktrittsgedanken. „Ich denke, ich werde vor 50 fertig sein“, sagte der Schotte, der zwei Tage vor Heiligabend seinen 48. Geburtstag gefeiert hatte: „Vielleicht diese Weltmeisterschaft und vielleicht die nächste, aber dann war es das.“ Zwar wolle Anderson „ab und zu weiterspielen“, doch viel lieber will er sich voll und ganz seinem großen Hobby widmen: dem Angeln.

Das Privatleben komme zu kurz

„Vor einigen Jahren hätte ich noch gesagt, dass meine beiden größten Fänge die beiden WM-Titel waren. Aber jetzt nicht mehr. Ich will lieber angeln gehen - weniger Stress.“ Ein Leben als Darts-Profi ist ein Leben aus dem Koffer. Die Tour der Professional Darts Corporation (PDC) wächst und wächst, erschließt immer neue Märkte. Las Vegas, Shanghai, Melbourne - die World Series führt die Topspieler mittlerweile rund um den Globus.

„Als Dartsspieler bist du nie daheim“, klagte auch der 16-malige Weltmeister Taylor. Das Privatleben kommt oft zu kurz. Für Raymond van Barneveld ist dies ein Grund, die Pfeile in die Ecke zu legen. Ein Jahr will er noch spielen, nach der kommenden WM ist Schluss. „Ich habe eine Frau, Kinder und Enkelkinder. Ich bin oft an Geburtstagen nicht da. Ich hatte Freunde, die gestorben sind und denen ich meinen letzten Respekt nicht erweisen konnte“, erklärte der fünfmalige Weltmeister seine Entscheidung, die auf schmerzvollen Erlebnissen beruht.

Auf der Rückreise von einem Turnier in Australien schickte ihm einer seiner engsten Freunde eine Nachricht. „Ich werde für immer schlafen, mein Freund, und ich wünsche dir alles Glück“, lautete der simple Text - gesendet aus einer Sterbeklinik. Doch „Barney“ befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Luft. „Ich wollte seine Hand halten“, sagte der Niederländer über seinen schwerkranken Freund: „Als ich die Nachricht bekommen habe, war es zu spät. Nach Momenten wie diesen willst du kein Darts mehr spielen.“

Taylor: „Hopp in zwei Jahren ganz oben“

Während sich die altgedienten Spieler vom kräftezehrenden Leben auf der PDC-Tour zurückziehen, drängen neue Gesichter in den Fokus - wie etwa der 23-jährige Engländer Luke Humphries, der Titelverteidiger Rob Cross aus dem Turnier warf und erst im Viertelfinale scheiterte. Sein Landsmann Nathan Aspinall (27) stürmte bei seinem WM-Debüt gar völlig überraschend ins Halbfinale.

Auch Deutschlands Spitzenspieler Max Hopp will das Vakuum füllen. „In zwei Jahren“, prophezeite Legende Taylor im Oktober, werde der 22-Jährige „ganz oben dabei sein“. Ob er dann noch auf Gary Anderson trifft, ist äußerst fraglich. „Ich kann einige dieser Jungs immer noch ohne Training schlagen“, sagte der Schotte, „aber lieber gehe ich angeln.“