Philippe Herreweghe hat mit dem Orchestre des Champs-Élysées im Beethovensaal Brahms und Dvorák gespielt.

Stuttgart - Mehr Licht! Ach, wär’s doch ein bisschen heller gewesen. Als das Orchestre des Champs-Élysées am Mittwochabend unter seinem Gründer und Dirigenten Philippe Herreweghebei den Meisterkonzerten der SKS Russ im Beethovensaal auftritt, steht Brahms’ Doppelkonzert auf dem Programm: ein schwieriges Stück, bei dem die beiden Solisten ihre Kadenz gleich anfangs spielen dürfen und anschließend etwa eine halbe Stunde lang mit undankbarer, weil verdeckter Virtuosität zu kämpfen haben. Sehr herb beginnt Christian Poltéra am Cello, mit ein paar intonatorischen Irritationen startet Isabelle Faustan der Violine. Die Orchestermusiker, die sie begleiten, einst Wegbereiter der historischen Aufführungspraxis in Frankreich, erreichen Kontur und Durchsichtigkeit vor allem durch ihre Instrumente, durch die delikaten pastellenen Farben der fein geführten Bläser. Gestaltet wird nur sehr zaghaft. Zu hören ist ein dunkles Klangband; interpretatorisch ist beim Orchester Luft nach oben.

 

Das liegt vor allem am Dirigenten. Herreweghe, inzwischen 72, hat vor allem mit seinem Collegium Vocale Gent die Früchte der zwei Jahrzehnte älteren Alte-Musik-Pioniere geerntet und Interpretationsgeschichte geschrieben.Jetzt dirigiert er Brahms’ Konzert gerade, mit Blick nach vorne, aber mit wenig Beweglichkeit und Dramatik. Christian Poltéra spielt gut, setzt aber nichts dagegen. Isabelle Faust, diese feine, kluge Gestalterin, müht sich, flicht sich ein in den Gesamtklang, wagt vielfältig abgetönte leise Momente, bis sich beim letzten Satz im gemeinsamen Atmen manches findet. Als in der Zugabe des ersten Programmteils der zweite Satz von Schumanns Violinkonzert in Benjamin Brittens behutsam ergänzender Bearbeitung erklingt, zart, weich, atmend: Da ahnt man, was auch bei Brahms möglich gewesen wäre.

Dvoráks achte Sinfonie, die „Englische“, gibt’s zum Abschluss. Sie wird vor allem zu einem akustischen Defilee der Bläser, deren Aktionen Herreweghe mit wundersam reduzierten Bewegungen steuert. Selbst die wilden Einbrüche böhmischer Volksmusik leben bei ihm weniger von Nuancen in Rhythmus, Tempi und Dynamik als vom Klang. Den kann man genießen. Und zwischendurch vielleicht doch erstaunt innehalten: Soll das wirklich alles gewesen sein?