Mitten im Niedergang der Metall- und Elektroindustrie vereinbaren IG Metall und Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen einen Tarifabschluss – ein Zeichen von Stabilität in der Corona-Krise. Die Tarifpartner im Südwesten sollten ihn übernehmen, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - In diesen wilden Zeiten ist es nicht verwerflich, wenn Einschätzungen von gestern heute schon überholt sind. So ergeht es zum Beispiel dem baden-württembergischen Bezirksleiter der IG Metall, Roman Zitzelsberger, der noch vor einer Woche von einer Verschiebung der Metalltarifrunde nicht viel wissen wollte. De facto haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft erst einmal um ein Dreivierteljahr vertagt, und das ist auch gut so. Corona reißt die Industrie dermaßen in den Abgrund, dass jegliche Vorhersagen unmöglich sind, wann und wie sie aus der Krise wieder herauskommt. So haben sich die Tarifpartner Luft verschafft. 

 

Unternehmen von größeren Mehrkosten verschont

Für die Zwischenzeit haben sie wiederum Regelungen entwickelt, die ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Drei Dinge sind prioritär: Die Unternehmen dürfen nicht durch zusätzliche Kosten belastet werden, und die Beschäftigung muss weitestgehend geschützt werden. Drittens muss das Einkommen der Beschäftigten, die nun in Kurzarbeit null geschickt werden, abgesichert sein, damit sie ihren Lebensunterhalt noch bezahlen können. All diese Ansprüche werden im Pilotabschluss erfüllt.

Verlässlichkeit gibt Sicherheit

Dass die vom abrupten Niedergang schwer getroffenen baden-württembergischen Arbeitgeber damit noch nicht glücklich sind, verwundert nicht – von Anfang an drückten die Unterhändler in Nordrhein-Westfalen aufs Tempo, um ein Abkommen nach ihren eigenen Bedürfnissen zu zimmern. An den Bedingungen im Südwesten geht das Pilotabkommen teilweise vorbei. Dennoch sollten IG Metall und Südwestmetall rasch die weitgehende Übernahme vereinbaren. Diese Situation von nie da gewesener Dramatik zu meistern gelingt nur solidarisch. Die Metalltarifpartner müssen zeigen, dass dies geht. Ihre Verlässlichkeit gibt den Beschäftigten und den Unternehmen ein Stück Sicherheit in der Not.

matthias.schiermeyer@stzn.de