Feuchtwarmes Wetter lässt Pilze sprießen – 5000 Arten in unseren Wiesen und Wäldern

Stuttgart - In der vergangenen Woche hat es eine Frankfurter Familie erwischt, um deren Leben die Ärzte derzeit kämpfen. Ein Vater und seine drei Kinder haben den Grünen Knollenblätterpilz gegessen – einen der giftigsten Pilze in Deutschland. Er enthält das stark wirkende Gift Amanitin, das schon in geringen Mengen zum Tod führen kann. Auf alle Fälle schädigt es die Leber so stark, dass eine Transplantation erforderlich werden kann – wenn man überhaupt mit dem Leben davonkommt.

 

Auch in Hannover mussten in dieser Woche vier Kinder mit einer Pilzvergiftung behandelt werden – zwei Kinder hatten ebenfalls Knollenblätterpilze gegessen. Die beiden anderen hatten Pilze von einer Rasenfläche zu sich genommen, die sich dann als weniger giftig erwiesen.

Ungewöhnlich viele Vergiftungen

Bereits Ende Juli hatten die hannoverschen Mediziner über ungewöhnlich viele Vergiftungsfälle mit Knollenblätterpilzen berichtet. Besonders gefährdet sind offenbar Pilzsammler aus fernen Ländern, etwa aus Russland oder – wie im Fall der Frankfurter Vergiftungsopfer – aus Syrien. Gefährdet sind sie nicht zuletzt deswegen, weil in anderen Regionen andere Arten vorkommen, die aber mit hiesigen Pilzen leicht verwechselt werden können. Die Zahlen machen dies deutlich: Weltweit soll es geschätzt 60 000 Pilzarten geben – ausschließlich Großpilze in Wiesen und Wäldern. Etwa 5000 davon wachsen bei uns.

Aber nicht nur Menschen, die ihre Pilzerfahrung aus fremden Regionen haben, müssen besonders vorsichtig sein. Auch wer ausschließlich hierzulande gesammelt hat, ist vor Verwechslungen nicht gefeit. So gibt es in Deutschland Pilze, die dem Knollenblätterpilz durchaus ähnlich sehen – etwa der Wiesenchampion.

Namensgebende Knolle

Typisch für den Knollenblätterpilz ist die namensgebende Knolle am Stielende. Die aber kann auch weitgehend im Boden sitzen. Deshalb sollte man den Pilz – bevor man ihn mit einem scharfen Messer abschneidet – freilegen, damit man wirklich den ganzen Pilz abschneidet. Denn ansonsten schneidet man den Stiel durch und das so wichtige Warnzeichen, die auffallende Knolle, ist nicht mehr dran.

Man sollte Pilze mit einem scharfen Messer ernten, weil man so das im Boden befindliche Pilzgeflecht, das Myzel, schont. Außerdem sollte man Pilze in einem Körbchen sammeln und aufbewahren und nicht in einer Plastiktüte. Im Korb liegen sie locker und drücken sich nicht und haben zudem Luftkühlung. In einer Plastiktüte werden sie gequetscht und verderben schneller durch den Wärmestau. Auch lässt man alte, angefressene und zu kleine Pilze am besten stehen. Und nicht zuletzt gilt in Deutschland ein kommerzielles Sammelverbot. Nur für den eigenen Gebrauch dürfen im Wald und auf der Wiese Pilze gesammelt werden. Als Faustformel gilt: etwa 0,5 bis zwei Kilo pro Person und Tag; die genaue Menge kann die Behörde vor Ort festsetzen. Wer dagegen verstößt und erwischt wird, muss mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen.

Vorsicht bei der Zubereitung

Gerade in diesem Jahr dürfte die Mengenbegrenzung schwerfallen: Das feuchtwarme Wetter lässt die Pilze sprießen. Daher hat die Saison auch bereits einige Wochen früher als üblich begonnen. Und die Erntezeit ist noch lange nicht vorbei. Damit dürften sich Pilzfreunde in den kommenden Wochen noch manche leckere Mahlzeit gönnen können.

Doch auch dabei gilt es, Vorsicht walten zu lassen. So wie beim Sammeln der eiserne Grundsatz zu beachten ist, dass man nur die Exemplare mitnehmen sollte, die man auch wirklich kennt, gelten auch bei der Verarbeitung der Pilze wichtige Regeln. Dazu zählt, keine alten und zu lange oder falsch – etwa in einer Plastiktüte – gelagerte Pilze zu verzehren. Auch rohe Pilze, etwa in Salaten, sind nicht zu empfehlen, sieht man von einigen Ausnahmen wie Steinpilz und Zuchtchampignon ab. Die meisten Pilze sind roh giftig. Ausreichend lange gegarte Pilzgerichte kann man im Kühlschrank aufbewahren und auch ein zweites Mal – aber nicht öfter – aufwärmen.