Bundesanwaltschaft: Frühere RAF-Terroristin Becker war am Mordanschlag an Buback beteiligt.

Stuttgart - Die Bundesanwaltschaft ist davon überzeugt, dass die frühere RAF-Terroristin Verena Becker an dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977 beteiligt war. „Wir nehmen der Angeklagten ihre Behauptung 'Ich war nicht dabei' nicht ab“, sagte Oberstaatsanwältin Silke Ritzert am Dienstag im Plädoyer der Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Allerdings geht die Anklagebehörde weiterhin nicht davon aus, dass die heute 59-Jährige auf dem Motorrad saß und selbst auf Buback geschossen hat.

 

„Nach unserer Überzeugung ist sie aber trotzdem der Beteiligung an einem Anschlag auf Buback und seiner Begleiter überführt“, sagte Ritzert weiter. Die Anklage geht sogar davon aus, dass Becker ursprünglich direkt dem RAF-Kommando angehören sollte, das den früheren Generalbundesanwalt ermorden wollte. Die Verhaftung des früheren RAF-Anwalts Siegfried Haag habe die ursprüngliche Planung dann aber zunichtegemacht.

Zur Jahreswende 1976/1977 hätten die „Illegalen“ der RAF dann aber das Attentat auf Buback erneut beschlossen und geplant. Becker habe entgegen ihrer Erklärung an dem Beschluss mitgewirkt. Die Aussage von Peter Jürgen Boock sei glaubhaft, sagte die Oberstaatsanwältin.

Plädoyer der Anklage wird am Donnerstag fortgesetzt

Ob Becker Mittäterin oder nur Gehilfin bei dem Verbrechen war, will die Anklagebehörde erst am Donnerstag darlegen. Das Plädoyer soll dann fortgesetzt werden.

Mehr als acht Stunden zeichnete die Bundesanwaltschaft am Dienstag den Prozessverlauf der vergangenen eineinhalb Jahre nach. Bundesanwalt Walter Hemberger sagte: „Es gibt keine belastbaren Beweise, die auf eine unmittelbare Täterschaft der Angeklagten hindeuten.“ Die Aussagen von Zeugen, die eine Frau auf dem Soziussitz des Tatmotorrads identifiziert haben wollen, seien nicht belastbar.

Auch die Untersuchung der Haare an den bei der Tat benutzten Motorradhelmen habe weder 1977 noch bei einer Nachuntersuchung mit heutiger Kriminaltechnik eine Übereinstimmung mit Verena Becker ergeben. Vielmehr wurde festgestellt, dass die Haare von Männern stammen. Damit ist weiter ungeklärt, welches RAF-Mitglied am 7. April 1977 in Karlsruhe vom Soziussitz des Motorrads die tödlichen Schüsse auf Buback und seine beiden Begleiter abfeuerte.

Mit Blick auf zwei Männer, die am Tag vor dem Anschlag das Tatmotorrad gesehen haben wollen, sagte der Bundesanwalt: „Man muss meinen, die Zeugen berichten über unterschiedliche Ereignisse, obwohl sie es gemeinsam gesehen haben wollen.“ Er sagte, beide hätten sich in „gravierende Widersprüche“ verwickelt.

Hemberger: Kein Verfassungschutz-Kontakt in 70er Jahren

Zudem widersprach Hemberger der These von Michael Buback, dem Sohn des Ermordeten, dass der Verfassungsschutz seine „schützende Hand“ über Becker gehalten habe. Das seien haltlose Spekulationen. „Nichts wurde absichtlich unterlassen, schon gar nicht zur Vertuschung“, betonte Hemberger. Aus den Unterlagen des Verfassungsschutzes „ergibt sich kein Hinweis auf eine Zusammenarbeit Beckers mit dem Verfassungsschutz in den 70er Jahren“, sagte Hemberger weiter.

Die Bundesanwaltschaft wirft Becker vor, maßgeblich an der Entscheidung für den Mordanschlag, an dessen Planung sowie an der Verbreitung der Bekennerschreiben mitgewirkt zu haben. Becker hatte Mitte Mai in einer persönlichen Erklärung eine Beteiligung an dem Mordanschlag sowie an seiner Vorbereitung vehement bestritten. „Ich war nicht dabei“, hatte Becker gesagt und darauf verwiesen, dass sie erst am Tag nach dem Anschlag aus dem Nahen Osten nach Europa zurückgekehrt sei.

Nach den Plädoyers der Bundesanwaltschaft sollen noch am Donnerstag (14. Juni) die Plädoyers der Nebenklage beginnen. Die beiden Verteidiger sind für den 25. und 26. Juni vorgesehen. Ein Urteil wird voraussichtlich am 6. Juli gesprochen.