Die Landesmesse bespielt an der A 8 ein riesiges Gelände mit großen Parkplatzflächen. Dort könnte sie sehr viel mehr Sonnenstrom als bisher erzeugen.

Die Landeshauptstadt hängt ihren Klimazielen hinterher, ihr Ausbauziel für Fotovoltaik hat sie en passant aufgegeben, nicht einmal ein Jahr nach dem vollmundigen Bekenntnis, bis 2035 statt bis 2050 klimaneutral sein zu wollen. Haupthindernis einer reichen Sonnenstromernte sei die schwierige Nutzung von Dachflächen, so sieht es Jürgen Görres, der Leiter der Energieabteilung im Umweltschutzamt. Knapp über der Markungsgrenze schlummert allerdings Potenzial, das man heben kann.

 

Bisher 21 132 Solarpanels auf den Dächern

Schon lange schimmern auf den Dächer der Landesmesse Stuttgart Tausende Solarpanels, genau genommen sind es auf 27 000 Quadratmetern 21 132 Stück. Seit 2009 erzeugen sie pro Jahr rund 3,6 Millionen Kilowattstunden Strom für den Investor und Dachpächter Planet Energy, ein Tochterunternehmen des Ökostrom-Anbieters Greenpeace Energy. Es investierte damals 15 Millionen Euro. Die Messe vermeidet mit den Modulen auf ihren Dächern nach dem aktuellen Strommix rund 2640 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid pro Jahr und kann rund 900 Vier-Personenhaushalte versorgen. Die Anlage auf dem Messe-Parkhaus über der Autobahn hat sich der Flughafen gesichert. Dort stehen 4238 Module, die Ende 2009 in Betrieb gegangen waren. Der Airport kann jährlich mit rund 870 000 Kilowattstunden Strom vom Parkhausdach rechnen.

Stadt und Land als Eigentümer entscheiden

Auf dem Messegelände gibt es weitere große Dach- und Freiflächen, die sich für Fotovoltaik eignen. Die Projektgesellschaft Neue Messe (ProNM) ist Grundstückseigentümerin, hinter ihre stehen die Gesellschafter Stadt und Land (je 45 Prozent) und der Verband Region Stuttgart (10). In ihrem Masterplan Energie hat die ProNM ermittelt, wo weitere Fotovoltaikanlagen wirtschaftlich betrieben werden könnten. Auf weiteren Dachflächen schlummert ein Potenzial von bis zu 1,8 Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Der Parkplatz für die Lastwagen (Lkw-Pool) könnte 3,1 Millionen kWh und weitere Flächen auf den Messehallen 1 und 3 bis 9 rund 1,5 Millionen kWh pro Jahr erbringen. Das Dach des Verwaltungsgebäudes käme dazu. Die Stromerzeugung könnte damit um rund 180 Prozent ausgeweitet werden.

Anforderungen aus dem Betrieb schränken ein

Der Lkw-Pool ist nur ein kleiner Teil der großen Parkplatzflächen, die die Messe für Aussteller und Besucher vorhält. Auf dem Poolplatz, der von der A 8 und der Landesstraße 1192 nach Echterdingen eingegrenzt wird, werden Lastwagen nur abgestellt. Noch mehr Fotovoltaik wäre also möglich, doch es gibt Einschränkungen. Auf dem Lkw-Parkplatz gebe es keine besonderen Anforderungen, eine Überbauung sei möglich, so Messe-Sprecherin Stefanie Kromer. Auf den anderen, gepflasterten Flächen, könnte zum Be- und Entladen auch der Einsatz eines Kranes nötig sein, es gebe spezielle Anforderungen an Höhe und Wendekreise. Stützen und Dächer würden den Auf- und Abbau vom Messen massiv beeinträchtigen und die Unfallgefahr erhöhen. Man prüfe aber „jede erdenkliche Möglichkeit, denn Nachhaltigkeit ist für uns ein zentrales Thema“, so Kromer.

Mitte Juli will die Landesmesse Stuttgart auf ihrer Bilanzpressekonferenz Rückschau halten und einen positiven Ausblick geben, denn das Geschäft zieht nach den heftigen Corona-Einschränkungen wieder deutlich an. Bereits einige Wochen zuvor wird der Aufsichtsrat der Projektgesellschaft Neue Messe zusammenkommen, um über die Geschäftsentwicklung und den Sonnenstrom-Ausbau zu beraten.