Umweltschützer schlagen Öko-Alarm: Auf den südlichen Inseln Kroatiens werden Unmengen von Müll an die Ufer geschwemmt. Er stammt vor allem aus Montenegro und Albanien.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Zagreb - Ganze Buchten übersät mit Plastikflaschen, Tierkadavern und Unrat: alljährlich bieten die Gestade der südkroatischen Adria-Insel Mljet nach den Winterstürmen dasselbe erschütternde Bild. Woher das unerwünschte Treibgut kommt, ist beim Blick auf noch lesbare Etiketten der angeschwemmten Müllberge schnell auszumachen. Der Abfall wird meist von den Ufern der nahen Adria-Nachbarn Montenegro und Albanien, aber auch aus Griechenland oder der fernen türkischen Küste angespült. Selbst aus den meereslosen Binnenstaaten Kosovo und Mazedonien tragen erst Flüsse und dann die Meeresströmungen ihre schmutzige Fracht bis an die kroatische Adria.

 

Kommunale Inseldienste und freiwillige Umweltschützer aus ganz Kroatien klauben alljährlich vor dem Beginn der Touristensaison Hunderte Tonnen an Abfall aus Buchten und von Klippen: Neben der der Touristenhochburg Dubrovnik vorgelagerten Insel Mljet wird im Süden Kroatiens vor allem die lang gezogene Halbinsel Peljesac zum Opfer der alljährlichen Müllplage. Ob medizinische, Haus- oder kommunale Abfälle: jedes Jahr scheint die Menge des angeschwemmten Adria-Unrats noch zuzunehmen. „Sie werfen weg – wir machen sauber, sie werfen weg – wir machen sauber“, beschreibt der Umweltaktivist Ervin Poljak den trostlosen Kreislauf der jährlichen, aber vergeblichen Küstensäuberung.

Wilde Deponien an der Küste

Vor allem Albanien, aber auch der selbst ernannte „Ökostaat“ Montenegro genießen in Sachen Müllentsorgung einen sehr schlechten Ruf. Meist ist es achtlos an den Ufern von Flüssen wie der Buna (Bojana) oder Drim abgekippter Müll, der nach Hochwasser regelmäßig in die Adria schwemmt. Um die albanische Hafenstadt Durres soll es aber auch wilde Deponien direkt an der Küste geben. Der an die kroatischen Gestade gespülte Unrat gilt nur als die triste Spitze des in der Adria versenkten Müllbergs: Nur neun Prozent des Abfalls treibt sichtbar an der Oberfläche.

Regelmäßige Zusagen Tiranas, die Herkunft des albanischen Meeresmülls zu ermitteln, haben bisher keinerlei spürbaren Effekte zu dessen Minderung erzielt. Kroatische Umweltschützer fordern darum einen stärkeren Druck Brüssels auf die EU-Anwärter Montenegro und Albanien, die von ihnen verursachte Verschmutzung der Adria entschlossener anzugehen.

Entnervt reichte Dubrovniks frühere Bürgermeisterin und heutige Europa-Abgeordnete Dubravka Suica vergangene Woche eine offizielle Anfrage bei der EU-Kommission ein, welche Maßnahmen denn Brüssel zu ergreifen gedenke, um die Wiederholung des jährlichen Ökodesasters in Zukunft zu vermeiden. „Leider ist es jeden Winter dasselbe Problem: Tonnen an Müll werden aus der südlichen Adria angeschwemmt“, erklärt die Abgeordnete der konservativen HDZ ihr Anliegen. Da der Abfall sowohl von Beitrittskandidaten als auch einem EU-Mitglied wie Griechenland stamme, sei ein europäischer Aktionsplan vonnöten: „Denn dieses internationale Problem ist eine ernsthafte Gefahr für die Umwelt, die Gesundheit von Mensch und Tier, aber auch für das touristische Potenzial Kroatiens“, so Dubravka Suica.