Nachtwanderer aus mehreren Kommunen haben sich zum Erfahrungsaustausch getroffen.

Filderstadt/Möhringen - Wenn der Tag geht, kommen die Nachtwanderer. In immer mehr Kommunen verzichten engagierte Bürger am Wochenende auf den gemütlichen Fernsehabend und sind stattdessen nach Einbruch der Dunkelheit als Ansprechpartner für Jugendliche im Ort unterwegs.

 

Jutta Grillhiesl vom Referat für Bürgerbeteiligung begleitet das Projekt in Filderstadt. Sie hat festgestellt: „Innerhalb der einzelnen Ortsgruppen funktioniert der Erfahrungsaustausch. Der Blick über den Tellerrand kam bisher jedoch zu kurz“. Gemeinsam mit Rita Dormann von den Nachtwanderern aus Möhringen ist sie deshalb aktiv geworden und hat am Samstag zum ersten Regionaltreffen nach Plattenhardt geladen.

„Die Regeln sind überall gleich“

Die Szenerie im Bürgerhaus war bunt. Die Dienstkleidung der Nachtwanderer aus Filderstadt und Köngen leuchtete in einem satten Rot, die Kollegen aus Möhringen waren mit dunkelblauen Jacken unterwegs und die Gäste aus Nürtingen präsentierten sich in blau-gelber Einheitskleidung. Doch der Geschmack in Modefragen ist oft der einzige Aspekt, in dem sich die Tätigkeit der Gruppen unterscheidet. „Die Regeln, nach denen die Nachtwanderer vorgehen, sind überall gleich“, verdeutlichte Jutta Grillhiesel in der Vorstellungsrunde. Das ist kein Zufall. Sie alle orientieren sich an einem Modell, das in den 80er-Jahren in Schweden entstanden ist und sich seit 2003 auch in deutschen Städten und Gemeinden etabliert.

In Filderstadt hat Holger Stern, der Leiter des Kinder-, Jugend- und Kulturzentrums Z, 2010 den entscheidenden Impuls gegeben. Er stellte das Projekt im „Netzwerk Alkoholprävention“ vor und konnte Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker auf Anhieb für die Idee gewinnen. An der Begeisterung der Verwaltungschefin hat sich seither nichts geändert. „Die Nachtwanderer kommen nicht mit erhobenem Zeigefinger daher. Das ungezwungene und vertrauensvolle Zusammenspiel zwischen Jugendlichen und Erwachsenen macht das Projekt so unwiderstehlich“, sagte sie bei der Begrüßung der Gäste. Diese nutzten die Gelegenheit zum Austausch mit Gleichgesinnten eifrig und verfolgten gespannt, was die Kollegen zu berichten hatten.

Einblicke in die Abläufe

Ein besonderes Interesse an den Interna zeigten dabei die Nachtwanderer aus Tübingen, Hochdorf und Neckartenzlingen, die sich noch in der Gründungsphase befinden. Einblicke in die Abläufe in Möhringen gab Rita Dormann: „Wir sind seit Mai 2011 freitags und samstags zwischen 21 und 1 Uhr unterwegs.“ Mit 21 Mitgliedern ist die Initiative stark aufgestellt. Daraus bilden sich Kleingruppen von je drei Personen, die an den Treffpunkten präsent sind und das Gespräch mit den Jugendlichen suchen und Konflikte lösen.

In anderen Kommunen ist die Personaldecke dünner. „Wir haben im Moment nur sechs Wanderer“, berichtete Siegfried Günther aus Leinfelden-Echterdingen. Deswegen komme es immer wieder vor, dass der Einsatz aus Mangel an Freiwilligen entfallen müsse. Im Gegensatz zu Gruppen wie Möhringen, Filderstadt, Nürtingen, Ostfildern, Metzingen oder Köngen, die auf die Unterstützung der Gemeinde bauen können, wünscht er sich mehr Rückendeckung aus dem Rathaus: „Die Stadträte stehen nicht so dahinter, dass wir Hurra schreien könnten“, sagte Günther. Seit zwei Jahren kämpfe die Initiative darum, das Projekt im Gremium überhaupt einmal vorstellen zu dürfen.