Der in Markgröningen aufgewachsene Sänger Philipp Poisel erinnert sich in seinem neuen Musikvideo an seine Kindheit in den 80er und 90er Jahren. Dabei packt er alte Fotos von sich und seinen Freunden aus.

Markgröningen - Der Markgröninger Bürgermeister Rudolf Kürner ist total aus dem Häuschen. „Das haben wir gar nicht gewusst, dass beim Schäferlauf ein Musikvideo gedreht wurde“, sagt er. Beim Traditionsfest, das zu den größten in der Region zählt, gehört ein Medienauflauf dazu. „Da weiß man nicht, zu wem welche Kamera gehört“, sagt Kürner. Erst als der Film zu Philipp Poisels Lied „Zum ersten Mal Nintendo“ aus dem neuen Album „Mein Amerika“ online ging, lief beim Bürgermeister das Telefon heiß. Denn als Kind der Stadt, Poisel ist 1983 in Ludwigsburg geboren und in Markgröningen aufgewachsen, hat der Sänger und Songschreiber vor Ort besonders viele Fans.

 

Bilder von Poisel als Kind in der Badehose

Die Bilder vom Fahrgeschäft beim Schäferlauf das weit über die Dächer der Fachwerkhäuser ragt, von den traditionellen Tänzen übers Stoppelfeld und aus Poisels Kindheit und Jugend in der 80er und 90er Jahren lassen nostalgische Gefühle aufkommen. Der Sänger zeigt sich als Kind in Badehose, als Gitarre spielender Heranwachsender uns als Führerschein-Neuling hinterm Steuer.

Und dass er ausgerechnet das Fest der Feste ins Zentrum seines Videos setzt, geht tief in die Herzen der Stadtbewohner. Sie haben nämlich eine andere Zeitrechnung. „Hier gibt es nur vor und nach dem Schäferlauf“, erzählt Kürner. „Das ist quasi unser Neujahrsfest.“ Ein großes Feuerwerk gehört dazu – mitten im Sommer.

Der Bürgermeister erinnert sich gerne an den Sänger

Auch an Poisel erinnert sich der Bürgermeister gerne. Den habe er schon als Bub kennengelernt. Bei einer Demonstration zur Rettung eines Bolzplatzes habe Poisel einst als Junge gesungen und damit alle beeindruckt. Dass er einmal zu den erfolgreichsten Sängern Deutschlands gehören und von Herbert Grönemeyer und Max Herre unterstützt wird, hat damals aber niemand geahnt. „Ich war aber schon beeindruckt von seinem Gesang“, sagt der Bürgermeister. Im Chor, in dem Poisel damals gesungen hat, kam seine Stimme allerdings nicht so gut an. Er wurde dafür mehrmals negativ kritisiert. So lange, bis er das Singen im Chor aufgab.

Doch schon als Kind begann er zu musizieren. Er spielte Schlagzeug und Gitarre. Früh fing er auch an, Lieder zu schreiben. Eigene Kompositionen nahm er mit einem Kassettenrekorder auf. Nach bestandenem Abitur wollte Poisel Realschullehrer für die Fächer Englisch, Kunst und Musik werden. Da er an der Aufnahmeprüfung im Fach Musik scheiterte, blieb ihm der Zutritt zu diesem Hochschulstudium verwehrt.

Das hat ihn sicher geprägt. Vielleicht war es aber auch ganz gut so, sonst wäre vielleicht nie die notwendige Melancholie entstanden, die in seinen Liedern mitschwingt und viele Menschen berührt. 2008 hatte er seinen Durchbruch mit dem Debütalbum „Wo fängt dein Himmel an?“. Ab diesem Zeitpunkt landete er immer wieder Hits. Bis zum neuen Album „Mein Amerika“ hat er sich dann eine mehrjährige Schaffenspause gegönnt.

Eine Kindheit mit Nintendo und Micky Maus

Er dachte viel an seine Kindheit, wie er in einem Interview der Stuttgarter Zeitung berichtet. An die Landidylle mit Waldrand und Lehmgrube, auch an die unstillbare Sehnsucht nach Amerika, wo „‚Die drei Fragezeichen‘, Micky Maus, Videospiele und Coca-Cola herkamen“. So kam er auch auf die Idee zum Musikvideo mit Schäferlauf.

„Wenn ich das Musikvideo anschaue, sehe ich meine Kindheit und Jugend an mir vorbeiziehen“, sagt Ulrike Kanth, die in Markgröningen aufgewachsen ist. Die Felder, die von Fachwerkhäusern umringten bunten Fahrgeschäfte beim Volksfest, den Lauf mit nackten Füßen übers Stoppelfeld. Und Poisels Vokuhila-Frisur (vorne kurz, hinten lang), die auf einem Grundschulbild im Video zu sehen ist. Ihre Wurzeln sind auch seine. Eine Bilderbuchkindheit, wie sie sagt, die wohl auch Poisel zur Hommage an die Heimat bewegt hat.

Heute wohnen Ulrike Kanth und Poisel in Ludwigsburg. In „Zum ersten Mal Nintendo“ singt Poisel aber über Markgröningen: „Hier bin ich geboren, und hier sterb’ ich irgendwann. Ulrike Kanth sagt: „Irgendwann kommen alle zurück.“