Das Land Baden-Württemberg ist in der großen Koalition personell schlechter vertreten als zuvor. In der SPD ist der Einfluss – gemessen an Spitzenposten in Ministerien – ausgesprochen gering.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Machtarithmetik ist eine schwierige Disziplin. Ein Kabinett will exakt ausbalanciert sein. Da werden Frauen und Männer, parteiinterne Strömungen und selbstverständlich auch Ländervertreter gegeneinander aufgerechnet. Der Regionalproporz ist dabei kein unwichtiges Kriterium. In der neuen Bundesregierung ist Baden-Württemberg nicht ganz so gut repräsentiert wie vor der Wahl.

 

Sechs Politiker aus dem Südwesten gehören dem Kabinett an: allen voran Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der seinen Wahlkreis in Baden hat. Dazu kommen fünf Parlamentarische Staatssekretäre: Für die SPD geht Rita Schwarzelühr-Sutter aus Waldshut ins Umweltministerium, Christian Lange aus Backnang ins Justizministerium. Die CDU betraut Hans-Joachim Fuchtel mit Entwicklungshilfe, Annette Widmann-Mauz bleibt im Gesundheitsministerium, Markus Grübel wird zum Staatssekretär im Verteidigungsministerium befördert.

Zu schwarz-gelben Zeiten gab es phasenweise drei Minister und fünf Staatssekretäre aus dem Land. In der baden-württembergischen CDU hatten manche auf einen zweiten Ministerposten gehofft. Bis zum Frühjahr hatte neben Schäuble auch Annette Schavan aus Ulm dem Kabinett angehört. Dann schied sie wegen ihrer Doktoraffäre aus. Der Posten wurde ohne Rücksicht auf regionale Interessen nachbesetzt.

CDU-Landeschef Strobl blieb bei der Ministersuche außen vor

Unter den Bedingungen einer großen Koalition sei es „eine Illusion“ gewesen zu erwarten, dass zwei CDU-Minister aus dem Südwesten nominiert werden, sagen Unionsabgeordnete aus dem Land. Als Aspirant auf einen Kabinettsposten war der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl im Gespräch. Der hatte aber keine Chance, so lange sein Schwiegervater Schäuble der Regierung angehört. Zudem wäre ein Hinderungsgrund gewesen, dass Strobl unter Umständen als Spitzenkandidat für seine Partei bei der Landtagswahl 2016 antreten könnte. Die Kanzlerin hätte sich dann in eine ähnliche Lage manövriert wie 2012 wegen Norbert Röttgen.

Damals hatten zunächst alle erwartet, dass Röttgen aus dem Bundeskabinett ausscheidet, als er für das Amt des Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen antrat. Später musste er wegen der Wahlschlappe gehen. Mit Strobl hätte Angela Merkel von vornherein das Risiko einer Kabinettsumbildung in Kauf nehmen müssen. Doch die Kanzlerin, so ist aus ihrem Umfeld zu hören, hatte Strobl nicht auf der Rechnung für eines der Regierungsämter. Seine Ausgangsposition mit Blick auf die Machtfrage im Land ist als Merkels Stellvertreter an der Spitze der CDU ohnehin nicht schlecht. Das bietet ausreichende Chancen zur Profilierung.

Die Sozialdemokraten hatten keinen ministrablen Kandidaten

Mit dem Finanzminister ist Baden-Württemberg im Kabinett prominenter vertreten als etwa NRW, dem mitgliederstärksten Landesverband. Zudem stellt die Südwest-CDU auch den Fraktionsvorsitzenden: Volker Kauder. Die CSU, deren Wahlergebnis kaum besser war als das der CDU im Land, hat aber drei Minister.

In der SPD hat der Südwesten erheblich weniger Gewicht. Über einen Sozialdemokraten aus Baden-Württemberg, der auf Bundesebene für ministrabel gehalten würde, war noch nicht einmal spekuliert worden. Für kurze Zeit galt die frühere Landesvorsitzende Ute Vogt als mögliche Kandidatin für das vakante Amt der Generalsekretärin. Parteichef Sigmar Gabriel sucht partout eine Frau für den Posten. Vogt will jedoch stellvertretende Fraktionsvorsitzende werden – ein Amt mit weitaus geringerem Einfluss und weniger Aufmerksamkeit. Nils Schmid, Chef der Südwest-SPD, spricht gleichwohl von einem „doppelten Draht in die Bundesregierung“. Er meint die Staatssekretäre.