Unzählige Waffen, Uniformen mit verfassungsfeindlichen Symbolen und mehr haben Ermittler jüngst in Backnang bei einer Razzia beschlagnahmt. Am Wochenende hat es deshalb eine Kundgebung in der Stadt gegeben.

Backnang - Nein, die Nachricht habe sie nicht erstaunt, sagt eine Passantin am Samstagvormittag am Rande der Kundgebung, welche das Bündnis Zusammen gegen rechts Rems-Murr auf dem Backnanger Marktplatz veranstaltet. Erschreckt habe sie aber schon, dass die Polizei vor einigen Tagen bei einer Razzia im Backnanger Ortsteil Sachsenweiler unzählige echte Waffen, zudem sogenannte Anscheinswaffen und Uniformen mit verfassungsfeindlichen Symbolen entdeckt und beschlagnahmt hat. „Es gibt hier eine rechte Szene, das sieht man immer wieder an den Wahlergebnissen. Daher ist es schön, dass etwas getan wird“, sagt die 62-Jährige, bedankt sich bei einer jungen Frau, die Flugblätter mit Informationen verteilt, und fragt: „Wie kann man euch unterstützen?“

 

Viele Hinweise auf rechte Strukturen

Es sind wenige Passanten, mit denen die rund 60 vorwiegend jungen Demonstrierenden ins Gespräch kommen, die Mehrheit der Fußgänger in der Marktstraße geht rasch vorbei. Die meisten lassen sich allenfalls ein Flugblatt in die Hand drücken, ein Gespräch wollen sie nicht führen. Sehr viele Passanten kommen an diesem Samstagvormittag ohnehin nicht am Kundgebungsort vorbei. „Wir wollten eigentlich am Gänsebrunnen demonstrieren, das wurde uns aber nicht genehmigt“, sagt eine Teilnehmerin aus Backnang bedauernd – das samstägliche Treiben spiele sich aber eher dort ab.

„Wir bekommen beinahe wöchentlich Hinweise auf rechte Strukturen“ berichtet Tim Neumann vom Bündnis Zusammen gegen rechts Rems-Murr. Dennoch sei er im ersten Moment „von den Socken“ gewesen, als er die Nachrichten zur Razzia mitbekommen habe. Denn dass Lastwagen zum Abtransport der Waffen nachgeordert worden seien, das sei schon eine neue qualitative Entwicklung.

Waffen in Lastwagen abtransportiert

Tatsächlich hatten die Ermittler im Rems-Murr-Kreis sowie in den Landkreisen Esslingen und Sigmaringen eine derart große Anzahl an Waffen beschlagnahmt, dass zum Abtransport Lastwagen benötigt wurden. Er würde sich grundsätzlich ein breites Auftreten gegen rechts wünschen, sagt Tim Neumann, „aber ich verstehe auch, dass mit der Wirtschaftskrise andere Themen im Vordergrund stehen“.

Angesichts der durch das Coronavirus verstärkten Krise hätten immer mehr Menschen Angst vor der Zukunft, sagte ein weiterer Redner, darauf böten manche einfache Antworten, in dem sie die Schuld auf andere schieben würden. „Aber die AfD steht nicht für den kleinen Mann ein, sondern für eine kleine Elite. Sie will dafür sorgen, dass die, die ohnehin reich sind, noch reicher werden.“ Kritik gab es bei der Demonstration auch an der AfD-Fraktion im Backnanger Gemeinderat. Diese stehe „am äußersten rechten Rand einer rechten Partei“, so der Vorwurf.

Im Anschluss an die Kundgebung in der Backnanger Innenstadt machten sich etwa 30 Teilnehmer auf den Weg nach Sachsenweiler. Das Ziel sei „die Aufklärung der Nachbarschaft in Sachsenweiler“, so Tim Neumann. Dazu stellten sich die Demonstranten mit Schildern, welche den Satz „Rechter Terror hat System“ ergaben, vor dem jüngst durchsuchten Wohnhaus auf. Die Anwohner der ruhigen Wohnstraße allerdings beobachteten dies, wenn überhaupt, aus sicherer Entfernung. Nur eine ältere Frau am Straßenrand diskutierte mit Demonstranten und kritisierte die Aktion: „Das sind ganz anständige Leute in dem Haus.“

Derzeit prüft die Polizei, ob an den in Backnang und im Landkreis Biberach beschlagnahmten militärischen Fahrzeugen verfassungsfeindliche Symbole angebracht sind. Die Ermittlungen gegen die 19 Beschuldigten dauern an.