Im neuen „Polizeiruf 110“ aus Rostock muss Katrin König mit Melly Böwe zusammenarbeiten. Die tickt nicht nur ganz anders als sie, sondern ist auch noch Bukows Halbschwester.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Die eine backt Muffins, die andere setzt einen Sauerteig an. Die Freude am Rühren und Kneten hat unterschiedliche Motive bei den beiden Ermittlerinnen, die im ersten Rostocker „Polizeiruf 110“ nach Bukows (Charly Hübner) Abgang aufeinandertreffen. Genauso individuell ist ihr Zugang zu dem Verbrechen, das sie in der Episode „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ zusammenführt. Katrin König (Anneke Kim Sarnau) muss herausfinden, wer auf grausame Weise eine alleinerziehende Mutter ermordet und so auch derem schwerbehinderten Sohn den Tod gebracht hat, weil dessen Infusion nicht gewechselt wurde. Zum engeren Umfeld der Opfer gehört Familie Genth, die gerade Nachwuchs erwartet, schon zwei Pflegekinder und seit Kurzem ein Problem hat: Der Pflegesohn Max (Alessandro Schuster) ist verschwunden. Und weil er medikamenten- und drogenabhängig ist, gilt er als stark tatverdächtig.

 

Das Problem: Der Sechzehnjährige lebt im Zeugenschutz und darf in den Ermittlungen nicht auftauchen, wie Königs Chef Röder (Uwe Preuss) die Profilerin anweist. Max zu suchen ist deshalb nicht Königs, sondern Melly Böwes (Lina Beckmann) Job, von Berufs wegen Kripo-Hauptkommissarin in Bochum. Sie hat Max einst in der Vorzeigefamilie der Genths untergebracht und grätscht nun unverhofft König zwischen die Beine. Dass sie dazu noch Bukows Halbschwester ist, macht für König die Sache nicht leichter. Die Reibung zwischen den Frauen weicht aber unversehens intuitivem Teamwork – Autor Florian Oeller unterläuft gelungen jegliche Zickenkrieg-Erwartungen. Er und Regisseur Stefan Krohmer halten offen, welche Rolle Böwe in Zukunft spielen wird. Was aber schnell feststeht: Mit der Kollegin, die geradeaus und mit Herz agiert, zieht eine warme, helle Farbe in Rostock ein. Die Episode offenbart kratertiefe Risse in der geleckten Mittelschichtsharmonie, ist so mehr Sozialdrama als Krimi, aber trotzdem „hard stuff“ – in guter alter Rostock-Tradition.

Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

„Polizeiruf 110“ im Stream

Mediathek
In der ARD-Mediathek sind alle „Polizeiruf 110“-Folgen sechs Monate lang als Stream verfügbar. Aus Jugendschutzgründen kann der „Polizeiruf 110“ nur zwischen 20 Uhr und 6 Uhr gestreamt werden. Gleichzeitig zur TV-Ausstrahlung zeigt das Erste den aktuellen „Polizeiruf 110“ auch als Livestream: Hier geht es zur ARD-Mediathek