Die Architektinnen Carola Ammersbach und Tina Gress eröffnen für einen Monat einen Pop up Store mitten in der City. 20 Aussteller aus den Bereichen Design, Lifestyle, Food und Kunst sind beteiligt.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Mit ihren filigranen Himmeli aus Messingstäbchen und ihren „neuen Schinken“ für die Wand sind Carola Ammersbach und Tina Gress auf jeder Messe vertreten. „Wenn man kein Geld fürs Marketing hat, muss man überall dabei sein“, so lautet die Devise der beiden Architektinnen. Jetzt aber haben sie für einen Monat für ihr eigenes Label „Neofaktum“ und für andere Designer eine eigene Plattform. Mitten in der City in der Schmalen Straße eröffnen sie am 30. April ihren „Neo Pop up Store“ im Untergeschoss eines Modegeschäfts. „Das bringt ihnen und uns Kunden“, charakterisiert dessen Store-Manager Matthias Daniels die Win-Win-Rechnung, auf die alle Beteiligten hoffen.

 

Laden in Rekordzeit eingerichtet

„Wir haben erst vor vier Wochen von der Möglichkeit erfahren“, erzählt Carola Ammersbach. Über die Zeitschrift „Geheimtipp Stuttgart“ kam der Kontakt zustande. Sofort machten sie sich auf die Suche nach weiteren Ausstellern. „Ich bin erstaunt, wie viele es jetzt geworden sind“, sagt sie. 20 Kreative – davon zehn aus Stuttgart – sind im Neo Pop up vertreten. Dass die beiden Betreiberinnen das alles innerhalb so kurzer Zeit auf die Beine stellen konnten, liegt an ihren beruflichen Erfahrungen. Dazu gehört Architektur, Stadtplanung, Modedesign, Ingenieurwesen. „Wir liefern auch Raum- und Farbkonzepte für Geschäfte“, erklärt Tina Gress. In Windeseile haben sie so mit Ideenreichtum und handwerklichem Geschick die Lagerfläche im Untergeschoss des Modegeschäfts „Freshjuice“ in einen Laden verwandelt. Jetzt stehen Lampen, Uhren, Kaffeefilter aus Glas oder Sofakissen sowie Pfefferminzliköre oder Smoothiemischungen in einem frei stehenden Regalsystem oder in Boxen. Die Wände wurden mit Stoff verkleidet.

Frei schwebende Himmeli

Darauf kommen jetzt großformatige Porträts zur Geltung, ebenso ihre eigenen, so genannten „Alten Schinken“. Das sind Heimatmotive und Stillleben in Öl. „Wir wollten sie aufwerten“, erklärt Carola Ammersbach. Zum Beispiel so: Auf ein Heidi-Idyll mit Ziegen-Peter und den Geißen haben die beiden kreativen Frauen einen Plakatierer gemalt. Der entlarvt das Bergidyll als Fiktion, denn er ist es, der die Landschaft und den Hirten gerade aufklebt. Darüber schweben ihre Neofaktum- Himmeli. Die dreidimensionalen Körper, garniert mit Luftpflanzen, sind einem schwedischen Weihnachtsbrauch entlehnt.

Ausgediente Scheinwerfer auf Beton

Den Kontrapunkt zu so viel Leichtigkeit setzt Peter Schöllhorn mit seinen Betonobjekten. Er arbeitet freiberuflich als Oberbeleuchter für Film und Fernsehen und seine Liebe zum Licht zeigt sich in seinen Arbeiten. Schöllhorn kombiniert Auto- oder Motorradscheinwerfer aus vergangenen Tagen mit Betonblöcken und Stahlplatten. „vor mir ist aber eigentlich nichts sicher, aus dem sich noch etwas machen lässt“, charakterisiert er sich selbstironisch. So ist auch die Lampe für die Fußballeuropameisterschaft vertreten: Eine Tipp-Kickfigur vor der Torwand im Flutlicht – natürlich auf einem Betonsockel.

Natur und High-Tech verbindet Jan Jessberger in Form von extrem dünnen Handy-Hüllen aus heimischen Hölzern und Kunststoff. Sein Knüller sind Armbanduhren mit Holzgehäuse und Gliederarmband aus Holzelementen. „Damit schwitzt man nicht so leicht und das Material ist sehr leicht“, erklärt der Designer. Für seine Sonnenbrillen mit Holzgestell hat er eine spezielle Mechanik entwickelt, mit sich trotz des empfindlichen Materials schnell die Gläser wechseln lassen.

Holz am Handgelenk

Jessberger hatte bereits einen eigenen Pop up Store im Gerber und schwört auf das Konzept. „Das hat sich extrem gelohnt – auch finanziell“, lautet sein Resümee. Jetzt will er auch in anderen Städten mit solchen Läden auf Zeit präsent sein. „Das ist eine Supermöglichkeit für kleine Labels“, sagt er. Designer, die häufig noch einem Brotberuf nachgehen müssen, haben nicht die Zeit, täglich im Laden zu stehen, und die Mieten sind ohnehin zu teuer. Carola Ammersbach und Tina Gress haben genau wie Peter Schöllhorn im Westen ihr Atelier, in dem sie ihre Kunst-Stücke verkaufen. Um jedoch ein breiteres Publikum zu erreichen, haben sie jetzt ihren Pop up Store mit Ausstellern aus den Bereichen Design, Lifestyle, Food und Kunst eröffnet – auf alle Fälle sei das gut für die Werbung, sagen sie. Alles andere werde sich zeigen. „Wir haben den Ausstellern günstige Konditionen geboten“, sagt Carola Ammersbacher, denn ohne Pop up Store geht die Hälfte des Verkaufspreis an den Ladenbesitzer.