Das Popnotpop-Festival hat 2014 wieder die Stuttgarter Clubs vollgemacht - mit Musik für jeden Geschmack. Aber dieses Jahr war ziemlich vieles anders als bei der ersten Auflage des Festivals anno 2010.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Den Wandel der zeitgenössischen Popmusik wird man dereinst mal an den Programmen des Popnotpop-Festivals nachvollziehen können. Für uns Zeitgenossen tut's der Vergleich des ersten Popnotpop 2010 mit der fünften Ausgabe am Samstagabend. Was als Mischung reiner Indie-Konzerte mit anschließenden Indie-DJs (und der Trijo Urban Session als kleinem Akzent) begann, ist dieses Jahr zu einer tour d'horizon des aktuellen Musikgeschmacks geworden.

 

2014 standen eine Akustik-Session des Art-Brut-Sängers Eddie Argos und die Nachwuchs-Dylan-Folkband L'aupaire neben perkussiv-elektronischer Urban Music von Mont Oliver oder den Lokalmatadoren Eau Rouge; mit dem Festivalticket kaufte man sowohl Hip Hop von Adam Tensta als auch Indie der klassischsten Sorte von The Robocop Kraus. Und am Ende konnte getanzt werden zu melodischer Housemusik (Loveit im Schocken), zu Clubmusik (Bix), Hip Hop (Cue) und wer sich seinen Chill-House gern live vorspielen lässt, der konnte um eins noch in die Bar Romantica zu den Stuttgartern Nemelka & Noah Kwaku gehen.

Die Veranstalter haben mit diesem Line-Up also nichts ausgelassen. Doch kann man daraus natürlich unmittelbar die Kritik ableiten, hier gehe es mehr um ein "Ja, aber" als um ein deutliches Statement, wie es sich die Popnotpop-Organisatoren mit ihren Konzerten ja so oft trauen. Das Publikum hatte mit dem breit gefächerten Programm kein Problem, im Gegenteil: die Clubs waren voll - bei Eau Rouge im Keller Klub und bei The Robocop Kraus im Schocken bildeten sich teils lange Schlangen, auch Adam Tensta und L'aupaire machten ihre Clubs voll. Zwischen zwei- und dreitausend Popnotpop-Gänger seien an dem Abend unterwegs, schätzte "Pese" Puscher vom Popnotpop-Team.

Zwischen Neo-Dylan und Turnschumusik

L'aupaire, denen Puscher die erste Tour organisiert hat, machen im Zwölfzehn den Auftakt. Die Dylan-Assoziationen (raue Stimme, Lockenkopf) kommen einem natürlich sofort in den Sinn. Vor allem macht diese Band aber Folk, sogar mit Pedal Steel. Der wird am besten, wenn er ins Elegische abdriftet, wofür vor allem der Schlagzeuger Jonathan Reiter verantwortlich ist. Am Ende, als die Band völlig euphorisiert ihre Zugabe mit einem A-Capella-Part beginnt, ist das Publikum im gut gefüllten Zwölfzehn auch endlich in der Lage, einfach mal nur zuzuhören.

Mont Olivers perkussiv-urbane Turnschuhmusik im Cue ist ein bisschen zu beliebig, um den Laden vollzukriegen. Die Stuttgarter Band Eau Rouge dagegen spielt vor großer Kulisse im Keller Klub, die Musik passt zu der dunklen, dunklen Bühnenatmosphäre im Keller. Geradezu überschwänglich ist im Vergleich dazu der Auftritt von The Robocop Kraus im proppevollen Schocken - ganz klassischer Indie-Pop, kein Lichtshow-Schnickschnack, einfach nur die Band aus Nürnberg und ihre mitsingenden Fans. Die Band, deren letzte Veröffentlichung jetzt auch schon sieben Jahre zurückliegt, spielt das beste, mindestens das reifste Konzert des Samstagabends.

Mit dem letzten Gitarrenakkord der schwedischen Band The Majority Says beginnt wenig später im Keller Klub der Discoabend - klar, es ist ja schon halb eins. In der Bar Romantica spielen Nemelka und Noah Kwaku im tiefroten Restlicht noch ein entspanntes Set mit House-Beats und Gitarre. Und der Rest ist Tanzen.