Den Fuß auf dem Gaspedal, das Navi im Blick, die Termine des Landrats stets im Kopf: Mark Weißenbühler ist als Roland Bernhards Fahrer hautnah an der Politik. Zwar hat er wenig Freizeit, er ist aber begeistert von dem Job.

Böblingen - Der Flieger aus Tunis landet mit Verspätung. Das macht Mark Weißenbühler leicht nervös. Pünktlich steht er am Terminal 1 des Frankfurter Flughafens, um seinen Chef abzuholen. Der Böblinger Landrat Roland Bernhard war für vier Tage auf Dienstreise in Tunesien. Um 10 Uhr soll er in Frankfurt landen. Der nächste Termin ist bereits um 14 Uhr in Herrenberg. Deshalb steht der Chauffeur unter Zeitdruck.

 

Um 11.20 Uhr tritt Bernhard aus der Flughalle. „Sie wissen, dass Sie um 11.30 Uhr einen Telefontermin mit einem Radiosender haben?“, fragt Weißenbühler zur Begrüßung und drückt seinem Chef eine Akte in die Hand. „Hier, für Ihre Vorbereitung.“ „Um was geht es im Interview?“, will Bernhard wissen. „Die Schönbuchbahn“, antwortet Weißenbühler und hievt Bernhards Koffer in den Dienstwagen. Viel Platz ist dort nicht, denn die Hälfte des Ablagefachs nimmt eine Ladebatterie ein. Der Dienstwagen des Landrats ist ein Mercedes S-Klasse Plug-in- Hybrid. Das bedeutet, er kann mit Strom und Benzin fahren. „Auf längeren Strecken wie nach Frankfurt und zurück reicht die Batterie nicht aus. Dann schaltet sich der Benzinmotor ein“, erklärt Weißenbühler.

Tablet, Ladestation, Textmarker

Der Landrat setzt sich auf seinen angestammten Platz im Fond auf der Beifahrerseite. Das Auto ist weit mehr als ein Fahrzeug, es ist ein rollendes Büro, ausgestattet mit einem Tablet, einer Ladestation für Handy und Laptop, mit Kugelschreibern, Textmarkern und einer Schere. „Die braucht der Chef, um sich seine Reden zusammenzuschneiden“, erklärt Weißenbühler. „Soll ich den Telefontermin etwas nach hinten schieben,“ fragt er. Bernhard nickt und vertieft sich in die Lektüre der Schönbuchbahn-Akte. Weißenbühler reicht weitere Unterlagen nach hinten. „Das ist für Ihren Termin um 14 Uhr, das für den um 16 Uhr.“ Dann ruft er die Sekretärin im Landratsamt an und bittet um ein paar Minuten Luft bis zum Telefoninterview.

Der Blick aufs Navigationsgerät verheißt nichts Gutes. Auf allen Autobahnen Richtung Süden gibt es lange Staus, Ankunftszeit 14.36 Uhr in Herrenberg. „Das wird schwierig“, sagt Weißenbühler. Zunächst aber hat er freie Fahrt. Jetzt muss er so fahren, dass die Fahrgeräusche nicht das Interview mit dem Radiosender stören. Nach dem Telefonat arbeitet sich Bernhard durch die Akten, bereitet seine Nachmittagstermine vor: die Freigabe des neuen Buslinienbündels in Herrenberg und die Probefahrt mit der Schönbuchbahn.

Er bittet Simone Hotz von der Pressestelle, die mit im Wagen sitzt, bei der VVS Stuttgart anzurufen. In deren Pressemitteilung wird Bernhard zitiert. „Das habe ich so nicht freigegeben“, moniert er. „Rechts neben Ihnen gibt es eine Flasche Wasser. Denken Sie ans Trinken“, ermahnt Mark Weißenbühler seinen Chef. Seit 19 Jahren arbeitet er für den Fuhrpark des Landratsamts, seit zwei Jahren als persönlicher Fahrer von Bernhard – dabei agiert er sozusagen als Mädchen für alles, als Chauffeur, Sekretär und Babysitter.

Der Chauffeur hört zu und schweigt

„Ich verbringe mit Herrn Weißenbühler mehr Zeit als mit meiner Frau“, sagt Bernhard. „Das ist schon ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis.“ Klar ist, dass Weißenbühler Stillschweigen bewahren muss über alles, was er im Auto mithört. Manches Mal ist er auch der direkte Ansprechpartner für Roland Bernhard, der gerne die Meinung der Bürger hören möchte. „Gelegentlich setze ich mich in eine Veranstaltung und beobachte. Dann kann ich Herrn Bernhard sagen, wie seine Rede angekommen ist“, erzählt Weißenbühler.

Auf dem Weg von Frankfurt nach Herrenberg zeigt das Navigationsgerät noch immer Stau an. In Sinsheim verlässt Weißenbühler die Autobahn und fährt für eine Weile über die Landstraße. So schafft er es doch noch pünktlich nach Herrenberg. Drei Minuten vor 14 Uhr rollt er vor dem Rathaus ein. „So wie fast immer“, lobt ihn sein Chef.

Der Landrat begegne ihm auf Augenhöhe, sagt Weißenbühler. Das mache vieles wett in seinem sehr anstrengenden Job, der sich nach den Terminen des Landrats richtet, manchmal von morgens 7 bis abends 11 Uhr. Eine 40-Stunden-Woche kennt Weißenbühler nicht. Er hat einen sogenannten Fahrervertrag wie auch die Fahrer anderer Landräte oder Minister, der deutlich mehr Arbeitszeit erlaubt. Wie viel, darüber darf er nicht reden. „Es ist ein sehr spannender Job“, findet der 52-Jährige. „Ich bekomme hautnah mit, wie Politik funktioniert.“

Urlaub, wenn der Landrat frei hat

Neben den Chauffeurdiensten ist der Karosserie- und Fahrzeugbau-Mechaniker auch für den Fuhrpark des Landratsamts zuständig. Insgesamt 99 Fahrzeuge – vom E-Bike über Transporter bis zum E-Auto – gehören dazu. Dass die Fahrzeuge immer vollgetankt und gewartet sind, dafür sorgt Weißenbühler gemeinsam mit vier Mitarbeitern. Auch die Kurierfahrten für die Ämter übernimmt sein Team.

Urlaub macht Mark Weißenbühler naturgemäß dann, wenn auch sein Chef, der Landrat, freihat. Über den Jahreswechsel wird er ein paar freie Tage haben. „Hoffentlich passiert nichts, zum Beispiel ein Großbrand im Kreis“, sagt Weißenbühler. Denn dann meldet sich der Landrat, und der Chauffeur muss wieder los.