Martin Brambach steht oft in der zweiten Reihe. Jetzt ist der Schauspieler, der meistens den Schurken gibt, endlich mal wieder in einer Hauptrolle zu sehen: Am Donnerstag zeigt das ZDF die Sozialkomödie „Neue Adresse Paradies“ (20.15 Uhr).

Stuttgart - Es gibt eine Reihe herausragender deutschsprachiger Schauspieler, die quasi namenlos sind: Ihr Gesicht kennt jeder, aber weil sie meist nur in der zweiten Reihe und nie in den Schlagzeilen stehen, weiß kaum jemand, wie sie heißen. Einer der interessantesten aus dieser Riege ist Martin Brambach. Allein in den letzten zehn Jahren hat der in Ostberlin aufgewachsene gebürtige Dresdener in mehr als hundert Filmen und Serienfolgen mitgewirkt. Dass er meist nur markante Nebenrollen spielt, stört ihn nicht: „Natürlich entscheidet man sich für diesen Beruf, weil man ihn auch als Hauptdarsteller ausüben möchte. Kleine Rollen haben aber den Vorteil, dass man seinen Part viel schneller in trockene Tücher bringen kann. Und manchmal will man einfach nur an einem tollen Projekt beteiligt sein.“

 

Brambach ist jemand, mit dem man beim Bier ohne Umschweife ins Gespräch kommen kann. Er lacht gern und strahlt sympathische Gelassenheit aus. Vor der Kamera ist das meist anders. Abgesehen von der ZDF-Krimireihe „Unter anderen Umständen“ – hier spielt er den Leiter der Mordkommission – verkörpert er oft Männer, mit denen man sich nicht verbrüdern möchte; und das gilt keineswegs bloß für die Schurken, die ihm mit Vorliebe angeboten werden. „Heile-Welt-Filme mit Abziehbildfiguren“, sagt er, interessierten ihn einfach nicht: „Meine Rollen sind oft gebrochene Menschen; auf den ersten Blick ganz nette Kerle, aber dann offenbart sich ein furchtbarer Abgrund. Das ist als Rolle viel spannender als jemand, den man sofort durchschaut. Als Zuschauer beschäftige ich mich doch auch lieber mit Figuren, die nicht auf den ersten Blick alle Geheimnisse preisgeben. Außerdem finde ich es wichtig, dass Filme Dinge zeigen, die nicht so schön sind, denn auch sie gehören zum Leben.“

Nur den Humor nicht verlieren

Trotzdem habe er überhaupt nichts gegen ein Happy End, „und wenn ein Film kitschig ist, kann ich auch mal eine Träne verdrücken.“ Bei der Komödie „Neue Adresse Paradies“, die das ZDF am Donnerstag zeigt, sei ihm zum Beispiel wichtig, „dass der Zuschauer denkt: ‚Das ist ein ganz normaler Typ, was der gerade durchmacht, könnte mir auch passieren.’“

In dem Film darf Brambach endlich mal wieder eine Hauptrolle spielen, einen Bauunternehmer, der pleite macht und mit seiner Familie auf einem Campingplatz landet, aber trotz aller Tragik seinen Humor nicht verliert. Auch das ist ein typischer Brambach-Ansatz: „Ich betrachte Humor tatsächlich als Überlebensstrategie, auch bei der Arbeit. Ich bringe die Leute gern zum Lachen, erst recht, wenn ein Drehtag 16 Stunden dauert. Humor ist meine Art, mit Verlusten und Ängsten umzugehen, deshalb versuche ich, meinen Figuren eine heitere Note zu geben.“ Dass das nicht immer klappt, liegt auch am Angebot: 80 Prozent der Drehbücher, die er bekommt, sind Krimis. „In dieser Hinsicht ist das deutsche Fernsehen etwas einfallslos.“

Seinen Schurkenrollen zum Trotz ist Brambach ein großer Komödiant. Er versteht es wie kaum ein anderer, in seinen Rollen zerknirscht dreinzuschauen und kurz drauf wunderbar glaubwürdig das nächste Fettnäpfchen anzusteuern. Wer glaubt, dies sei eine Frage des Talents, belehrt er eines Besseren: „Talent ist für mich immer das Ergebnis von Interesse und intensiver Beschäftigung. Hinter allem, was am Ende im Fernsehen so leicht aussieht, steckt ganz viel Arbeit. Der Zuschauer darf ja nicht merken, dass jeder Satz eine bestimmte Wirkung erzielen soll. Es gibt Kollegen, die arbeiten eher intuitiv, aber ich verbringe lieber viele Stunden mit dem Drehbuch, erarbeite mir die Szenen und bin dann entsprechend gut vorbereitet.“