Vier Wochen herrschte Funkstille, am Freitag verhandeln Post und Verdi wieder. Es geht nicht nur um Geld, sondern auch um die Ausgliederung von Paketgesellschaften. Vor Gericht konnte Postchef Appel einen Erfolg verbuchen.

Bonn - Vor der neuen Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt bei der Post hat Postchef Frank Appel in Interviews betont Selbstbewusstsein gezeigt: Die von der Gewerkschaft Verdi kritisierten Paketgesellschaften mit schlechterer Bezahlung seien „nicht verhandelbar“, sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Donnerstag). Er könne nicht immer tun, was populistisch erwünscht sei, sagte er dem Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ (Freitag).

 

An diesem Freitag und Samstag geht nach vier Wochen Verhandlungspause in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz) die Tarifrunde für die rund 140 000 Tarifbeschäftigten weiter. Am Donnerstag konnte Appel zuvor noch einen Erfolg vor Gericht verbuchen: Das Arbeitsgericht Bonn wies eine Klage von Verdi gegen den Einsatz von Beamten während der Streiks erneut ab. Das Arbeitsgericht folgte den Eilanträgen der Gewerkschaft nicht. Es hätten sich allenfalls Einzelfälle mit möglichen Verstößen bestätigt, sagte der Vorsitzende Richter. Das rechtfertige keinen tiefgreifenden Eingriff in die Betriebsorganisation der Post. In einem ähnlichen Verfahren hatte die Post bereits Ende Mai die Oberhand behalten.

Der Poststreik läuft inzwischen in der vierten Woche

Die Post hat rund 40 000 Beamte, die sie teils auf bestreikten Arbeitsplätzen einsetzt. Laut Post erfolgt dies nur auf freiwilliger Basis. Verdi hatte aber eidesstattliche Versicherungen von Beamten vorgelegt, wonach sie in mindestens 22 Fällen auch gegen ihren Willen eingesetzt worden seien. Dabei seien die Einsätze teils aber nach nur einem Tag wieder zurückgenommen worden, sagte der Richter.

Der unbefristete Streik bei der Post läuft inzwischen in der vierten Woche. Um die 30 000 Mitarbeiter legen täglich die Arbeit nieder. Die Kosten der Post für Aushilfskräfte und Umorganisation gehen Tag für Tag in die Millionen.

Rund 80 Prozent der Lieferungen werden nach den Angaben der Post weiter pünktlich befördert. Diese Angaben sind aber kaum zu verifizieren. Regionale Unterschiede räumt das Unternehmen ein. Manche Postkunden beklagen, wochenlang keine Post bekommen zu haben.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatte etwa darauf hingewiesen, dass Karten mit Blutproben von neugeborenen Kindern nicht rechtzeitig in den Laboren ankämen. Das Kölner Unternehmen Studimed, das eilige Studienplatz-Bewerbungen ins Ausland verschickt, versucht sogar gerichtlich, seine nicht beförderten Sendungen von der Post zurückzuerhalten, um sie anders ans Ziel zu bringen.

In dem Bonner Arbeitsgerichtsprozess kritisierte ein Post-Anwalt den Streik als grundsätzlich rechtswidrig. Ziel der Gewerkschaft Verdi sei - neben Gehalts- und Arbeitszeitfragen - erklärtermaßen auch die Zurückführung der geringer bezahlten Paketgesellschaften in den Post-Haustarif, sagte der Anwalt. Die Gründung dieser Gesellschaften sei aber Ausdruck unternehmerischer Freiheit und könne mit den Streiks aus rechtlichen Gründen gar nicht angegriffen werden.

In dem Tarifkonflikt sind die ausgegliederten Paket-Gesellschaften mit schlechterer Bezahlung für Verdi ein Knackpunkt. Derzeit arbeiten darin rund 6000 Menschen, die Zahl soll weiter steigen. Verdi sieht in dem Schritt einen Tarifbruch und fürchtet, dass nach der schlechteren Bezahlung im Paketdienst bald auch Einschnitte bei der personalintensiven Briefbeförderung folgen könnten.

Die Gewerkschaft hält der Post-Spitze vor, dass das Unternehmen schon jetzt mit zuletzt drei Milliarden Euro Jahresgewinn hohe Erträge erwirtschafte. Die weitere Steigerung der Gewinne dürfe nicht auf Kosten der Beschäftigten gehen. Die Linke und die Grünen forderten im Bundestag ein Eingreifen des Bundes. Die Post betont, dass die Gewinnpläne nicht auf Kosten der Mitarbeitern gingen. Auch die Löhne in den neuen Paketgesellschaften lägen noch deutlich über der Konkurrenz.