Die Sportvg Feuerbach hat für den Wilhelm-Braun-Sportpark ein neues Konzept entwickelt. Präsident Rolf Schneider berichtet im Interview über den Masterplan.

Feuerbach - Wie müssen sich Sportvereine hierzulande aufstellen, um für junge wie ältere Menschen in Zukunft attraktiv zu bleiben? Das Präsidium und die Geschäftsführung der Sportvg Feuerbach haben sich intensiv mit dieser Frage beschäftigt und daraus einen Masterplan für den Wilhelm-Braun-Sportpark entwickelt. Wir haben Sportvg-Präsident Rolf Schneider zum Thema befragt.

 
Herr Schneider, welche Aufgabe sollte ein Sportverein in der heutigen Zeit erfüllen?
Als ein Verein mit 6600 Mitgliedern haben wir einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag. Unser Ziel ist es in erster Linie, so viel Menschen wie möglich dazu zu bringen, sich zu bewegen und Sport zu treiben.
Und wie erreicht man dieses Ziel?
Wir haben einen Masterplan entwickelt und ein wichtiger Baustein unseres Gesamtkonzeptes ist, im Wilhelm-Braun-Sportpark Bewegungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit zu schaffen.
Wie entstand das Konzept?
Die Anfänge unserer Überlegungen gehen auf das Jahr 2015 zurück. Damals haben wir gesagt, lasst uns mal weiter nachdenken: Wie hat sich der Wilhelm-Braun-Sportpark die letzten 20 bis 30 Jahren entwickelt? Was ist der Ist-Zustand? Wie soll es weitergehen? Unter Federführung unseres zuständigen Vize-Präsidenten Matthias Ulmer haben wir dann die Bedarfe zusammengetragen und daraus erste Entwürfe und Pläne mit dem Architekturbüro Zoll in Zuffenhausen entwickelt.
Welche Pläne verfolgen sie nun konkret?
Wir wollen zunächst einmal das Föhrich-Gelände voranbringen. Dort haben wir seit Jahren eine Brachfläche. Ausgangspunkt dafür war der Bau des Fitness- und Gesundheitszentrums Vitadrom. Damals wurde ein Teil des Fußballfeldes gekappt und als Bolzplatz genutzt: Doch die Fläche wird häufig nicht genutzt. Deshalb war klar: Da müssen wir ansetzen und etwas tun.
Und was soll dort gemacht werden?
Wir wollen das Vitadrom erweitern und einen Anbau in Richtung des Bolzplatzes schaffen. Weiter ist geplant, einen Außenbereich mit Terrasse zu bauen. Hinter dem Gebäude Richtung Schrebergärten könnte ein Ruhebereich und naturnahes Sporttreiben im Freien entstehen. Auf der verbleibenden Fläche vor dem Neubau wollen wir Bewegungsangebote schaffen.
Wie sollen diese aussehen?
Platz wäre für eine Boulebahn und ein Spielplatz für die Kinder. Dazu kommen Slackline-Angebote, Beachvolleyballfelder und ein Streetball-Feld.
Momentan steht vor dem Vitadrom ja schon ein Gerät.
Das ist eine Outdoor-Fitness-Anlage, die wir mit Spenden aus dem Hause Bosch finanzieren konnten. Über die Osterferien haben wir weitere Geräte installiert.
Woher stammen diese?
Sie standen 2016 über ein halbes Jahr auf dem Cannstatter Wasen und waren zuletzt dort eingelagert. Wir bekommen nun diese Outdoor-Sportgeräte von der Stadt als Dauerleihgabe kostenlos zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um zwei Tischtennisplatten, Slackline-Module und Balance-Geräte. Auf dem Asphaltplatz unterhalb der Hugo-Kunzi-Halle haben wir zudem einen Fahrrad-Parcours aufgebaut.
Ist das quasi ihr Testlauf für das Projekt?
Genau, wir wollen jetzt Erfahrungswerte sammeln. Schon heute kann man sagen, dass das Angebot in der kurzen Zeit bereits rege ausprobiert wird.
Werden auch die Nachbarn in das Gesamtkonzept eingebunden?
Ja, erste Gespräche haben wir schon mit dem Jugendtreff Camp Feuerbach, dem Tanzsportzentrum, dem Bowlingcenter und Turnen und Freizeit Feuerbach geführt. Vor allem die Gespräche mit TFF verliefen sehr gut. Mit den anderen werden wir die Gespräche noch vertiefen, wenn entsprechende Ideen geboren sind. Das Ziel ist, unsere Angebote und Aufgaben zukünftig besser miteinander abzustimmen.
Wie stellen Sie sich das genau vor?
Wir erledigen zum Beispiel heute schon den Winterdienst fürs Tanzsportzentrum. Bei der Verwaltung und Betreuung des Sportparks könnten wir mit anderen Vereinen noch enger kooperieren und gemeinsam unsere Interessen gegenüber der Stadt artikulieren. Als Beispiel sei hier die längst überfällige Beschilderung genannt.
Gibt es schon positive Beispiele?
Mit TFF klappt die Zusammenarbeit bereits sehr gut. Alles was Langstrecke und Triathlon angeht, machen die sehr gut. Da funken wir mit unseren Angeboten nicht dazwischen. Wir sollten uns gegenseitig keine Konkurrenz schaffen, zumal es sehr schwer ist, entsprechende Übungsleiter und Sportfachkräfte zu finden. Der Markt ist komplett leergefegt.
Wie ist die Entwicklung im Vitadrom?
Sehr gut. Inzwischen firmiert das Vitadrom als Fitness-und Gesundheitscenter und ist als Vereinsservicezentrum Anlaufstelle für alle Sportinteressierten. Wir haben vor allem im Gesundheits- und Rehasport Zuwächse, das ist unglaublich. Das ist wirklich ein Standbein des Vereins geworden.
Das war nicht immer so . . .
Nachdem das Vitadrom gebaut war, ging es einige Jahre finanziell bergab. Die Jahre 1995 bis 2001 haben uns fast das Genick gebrochen. Doch nach dem Vergleich mit der Stadt und dem finanziellen Cut 2006 ging es stetig bergauf. Inzwischen sind wir so gut aufgestellt, dass wir nun die Weiterentwicklung des Wilhelm-Braun-Sportparks angehen können.
Gibt es schon einen Zeitplan für das Projekt beim Föhrichsportplatz?
Ja, das Ziel ist, das Projekt in den Haushalt 2020/21 einbringen zu können. Bis Frühjahr 2019 müssen wir eine Planung auf die Beine stellen.
Das klingt sportlich.
Das ist in der Tat ambitioniert. Wir haben inzwischen mit dem Sportamt, dem Baurechtsamt und dem Stadtplanungsamt gesprochen.
Welche Signale haben Sie bekommen?
Der Austausch war sehr positiv. Das Ziel ist, vor dem Einstieg in die Detailplanung alle relevanten Ämter einzubinden, um auf dieser Basis weitere Schritte anzugehen.
Wie hoch sind die Kosten?
Für den Erweiterungsbau und die Umgestaltung des Föhrichsportplatzes rechnen wir mit zwei bis drei Millionen Euro. Aber das ist nur eine grobe Kostenschätzung. Nächster Schritt ist die Kosten durch eine detailliertere Planung zu verifizieren und auf dieser Basis eine mögliche Finanzierung zu erstellen. Hierauf wird Marco Lindwedel als Finanz-Vizepräsident zusammen mit Geschäftsführer Matthias Ranke ein besonderes Augenmerk legen.
Aber das ist nur ein Teil des Gesamtprojekts?
Ein weiteres Projekt ist der neu geplante Kunstrasenplatz. Dort sollen die Arbeiten im Mai 2019 beginnen, die Finanzierung wurde im Doppelhaushalt beschlossen. Direkt dahinter in Richtung B 295 liegt der heute weitgehend ungenutzte Werferplatz. Für diese Fläche haben wir die Idee für eine Bogenschießanlage entwickelt. Zudem ist angedacht, entlang des neuen Kunstrasenfeldes einen Sportboulevard einzurichten und das Gelände in Teilen zu öffnen. Und eine weitere Überlegung ist, eine beleuchtete öffentliche Laufstrecke durch den Wilhelm-Braun-Sportpark anzubieten.
Welche grundsätzliche Idee steckt hinter dem Gesamtkonzept?
Wir wollen generationenübergreifende Sportangebote für die Bevölkerung anbieten. Momentan ist noch nichts in Stein gemeißelt. Klar ist aber: Eine solche Möglichkeit, wie wir sie im Sportpark derzeit haben, hat sonst in Stuttgart kaum ein anderer Verein. Diese Chance sollten wir nutzen.
Wird alles so umgesetzt, werden Sie es selbst nicht mehr erleben – zumindest nicht als Präsident der Sportvg. Denn Sie haben zuletzt verkündet, nicht mehr kandidieren zu wollen. Haben Sie genug von der Sportvg?
Nein, keinesfalls. Ich würde es eher so formulieren: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören! Ich bin seit 1981 Mitglied der Sportvereinigung und habe bis heute beinahe ohne Unterbrechung ein Amt bekleidet. Das, was ich in meiner Präsidentschaft seit 2002 mit meinen Mitstreitern erlebt und erreicht habe – nahende Insolvenz abgewendet und Entwicklung zu einem prosperierenden, anerkannten Großverein – macht mich stolz und dankbar. Nachdem ich auch beruflich aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheiden werde, wollen meine Frau und ich gerne ein paar Jahre im Ausland verbringen.
Gibt es schon einen möglichen Nachfolger?
Wir haben schon Gespräche mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten geführt und ich bin mir sicher, dass wir als Präsidium unserem Gesamtvorstand und den Delegierten der Sportvg einen geeigneten Bewerber oder eine Bewerberin zur Wahl im Juli vorschlagen können.