Parteiloser Mann oder CDU-Frau? In der Spitze der baden-württembergischen CDU gibt es unterschiedliche Vorstellungen, wer den Verfassungsgerichtshof des Landes führen soll.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - In der Südwest-CDU gibt es offenbar unterschiedliche Vorstellungen, wer auf Vorschlag der Partei neuer Präsident des Verfassungsgerichtshofs werden soll. Während Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart den parteilosen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim, Volker Ellenberger, favorisiert, hat Innenminister Thomas Strobl intern eine CDU-Frau ins Spiel gebracht: die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Gudrun Schraft-Huber. Dies erfuhr unsere Zeitung aus Partei- und Regierungskreisen. Schraft-Huber wurde bereits gegenüber den Grünen genannt, die der CDU bei den Koalitionsverhandlungen das Vorschlagsrecht überlassen hatten.

 

Hüter der Landesverfassung

Der Verfassungsgerichtshof (früher Staatsgerichtshof) wacht über die Einhaltung der Landesverfassung. Seit 2002 wird er im Nebenamt von Eberhard Stilz (68) geführt, dem früheren Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart. Aufsehen erregte das höchste Gericht unter Stilz besonders mit den Entscheidungen zum EnBW-Deal von Stefan Mappus, den es wegen der Umgehung des Landtags als verfassungswidrig einstufte, und zuletzt zum Landeshochschulgesetz, das in Teilen verworfen wurde. Stilz‘ zweite Amtszeit läuft im Sommer aus.

Zuständig für die Wahl des Nachfolgers ist der Landtag. Die Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte die Fraktionsvorsitzenden bereits im Januar um Vorschläge gebeten. Die Wahl soll im Juni stattfinden. Für diesen Mittwoch hat CDU-Fraktionschef Reinhart seine Kollegen von Grünen, SPD und FDP zu einer Besprechung vor der Plenarsitzung eingeladen. Dabei soll es um einen gemeinsamen Vorschlag für den Präsidenten und weitere frei werdende Richterstellen gehen. Im Vorfeld waren aus der CDU keine offiziellen Stellungnahmen zu erhalten.

VGH-Präsident Ellenberger gilt als Favorit

Als Favorit für die Stilz-Nachfolge wird seit Wochen der VGH-Präsident Ellenberger gehandelt. Daneben waren mehrere weitere Gerichtspräsidenten aus dem Land im Gespräch, die alle CDU-Mitglied sind. Fraktionschef Reinhart hat sich intern bereits klar für Ellenberger ausgesprochen. Gerade weil dieser kein Parteibuch besitze, sei er auch den anderen Fraktionen gut vermittelbar, wird argumentiert. Inzwischen jedoch hat der CDU-Landeschef und Innenminister Strobl die Karlsruher Präsidentin Schraft-Huber ins Spiel gebracht. Es wäre ein gutes Signal, wenn das wichtige Amt erstmals mit einer Frau besetzt würde, verlautet aus seinem Umfeld.

Die 1957 in Lörrach geborene Juristin war zuletzt mehrere Jahre Präsidentin des Verwaltungsgerichts Stuttgart; erst Anfang 2018 wechselte sie in gleicher Funktion nach Karlsruhe. Als oberste Verfassungsrichterin wäre sie auch für die Grünen-Seite akzeptabel, wie aus Koalitionskreisen verlautete. Auch der frühere SPD-Justizminister Rainer Stickelberger hatte sich einst sehr positiv über Schraft-Huber geäußert. Er lobte besonders ihre Fähigkeit, juristische Sachverhalte verständlich auszudrücken. Parteiloser Mann oder CDU-Frau – diese Frage könnte nun zu einer neuen Kraftprobe zwischen Landeschef Strobl und Fraktionschef Reinhart werden.