Im Prozess um eine Tat in einer Osteopathiepraxis gibt eine Polizistin im Zeugenstand „abenteuerliche Schilderungen“ wieder.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Schon 20 Jahre Berufserfahrung hat die Polizistin vom Kornwestheimer Revier gesammelt, doch solche „abenteuerlichen Schilderungen“ waren ihr bis dato noch nie untergekommen. Im Prozess am Amtsgericht Ludwigsburg, in dem es um einen Vorfall Anfang Mai 2019 in einer Osteopathiepraxis in Kornwestheim geht, wurden am Mittwoch mehrere Zeugen vernommen.

 

Angeklagt ist vor dem Schöffengericht ein 47-jähriger Mann aus Remseck wegen gemeinschaftlicher versuchter besonders schwerer Erpressung. Er soll mit einem Komplizen einen Überfall vorbereitet haben.

Wie das Drehbuch eines Actionfilms

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft liest sich wie das Drehbuch eines Actionfilmes. Demnach sollen zwei Männer in den Abendstunden die Praxis eines Konkurrenten des 47-Jährigen aufgesucht haben. Unter falschem Namen und unter dem Vorwand von gesundheitlichen Problemen sollen sie Zutritt zu den Räumen erlangt haben. Dort griffen sie den Osteopathen laut Anklage plötzlich an, würgten ihn, bedrohten ihn mit einer Gartenschere, schleiften ihn über den Boden und verletzten ihn so, dass das Opfer in die Notaufnahme musste. Die Angreifer sollen den Mann gezwungen haben, den Angeklagten anzurufen. Am Telefon soll der 47-jährige Remsecker unter anderem eine Million Euro gefordert haben. Wenn er sich weigere, die Forderungen zu erfüllen, werde seiner Frau etwas passieren.

Am Mittwoch wurde eine Polizistin als Zeugin aufgerufen, die sowohl das mutmaßliche Opfer als auch den Angeklagten mehrfach vernommen hat. Schon in der Notaufnahme habe der überfallene Praxisinhaber den Verdacht in Richtung des 47-Jährigen gelenkt. „Man hat gemerkt, dass ihn die Sache sehr mitnimmt“, sagte die Beamtin vor Gericht. Seine Aussagen seien zudem stringent und ohne Widersprüche gewesen.

Ermittlungen stimmen mit Schilderungen überein

Gegenüber der Polizistin schilderte der Mann die Tat. Demnach wurde er nach dem erzwungenen Telefonat mit dem früheren Kollegen mit Panzertape und Kabelbindern gefesselt. Mit einer Nagelschere habe er sich befreien und die Polizei rufen können.

Sie habe zunächst gedacht, es klinge alles so „abgefahren“, dass das Ganze gar nicht sein könne, sagte die Beamtin. „Ich wollte das alles nicht glauben.“ Sie habe deshalb in alle Richtungen ermittelt. Die Verletzungen hätten allerdings mit den Schilderungen übereingestimmt. Und: „Ich habe keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass der Angriff aus einer anderen Ecke kam.“

Zu den Anschuldigungen äußert sich der Angeklagte nicht. Auch bei der Vernehmung wollte er zur Sache keine Angaben machen. „Er hat nur das Offensichtliche zugegeben, also das Telefonat“, sagt die Polizistin. Er fühle sich zu Unrecht verdächtigt. Gegenüber der Beamtin hatte der 47-Jährige vom Zerwürfnis mit dem jüngeren Osteopathen berichtet. Der Konkurrent habe hohe Mietschulden bei dem Remsecker.

Schon das zweite Strafverfahren in kurzer Zeit

Für den 47-jährigen ist das zweite Strafverfahren innerhalb von nur kurzer Zeit. Erst vor wenigen Monate verurteilte ihn das Schöffengericht zu einer Bewährungsstrafe. Auch in dem Verfahren ging es darum, dass er – damals zusammen mit seiner Lebensgefährtin – einen früheren Geschäftspartner mit unlauteren Mitteln unter Druck gesetzt hatte. Das Gericht verhängte Bewährungsstrafen gegen den 47-Jährigen und seine Komplizin.

Der laufende Prozess um den Vorfall in der Osteopathiepraxis in Kornwestheim wird fortgesetzt. Im aktuellen Verfahren stehen für den August weitere Verhandlungstermine an.