Pro Biene, das freie Institut für ökologische Bienenhaltung mit Sitz in Stuttgart-Möhringen, führt Kinder und Jugendliche an das Thema Honigbienen heran. Warum das wichtig ist, erklärt ein Bienenpädagoge.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Bei Kindern und Jugendlichen anzusetzen, nennt Sebastian Heintschel nachhaltig. Denn was man kennt, kann man schätzen lernen – und schützen. „Wir wollen auch die Jugendlichen, die im Alltag wenig Berührungspunkte mit der Natur haben, für diese begeistern“, sagt der Bienenpädagoge.

 

Das Bienensterben ist aktuell ein großes Thema, sagt Heintschel, der sich gewünscht hätte, selbst als Kind mehr Naturbildung zu erhalten. Das versuchen er und seine Mitstreiter von Pro Biene, dem freien Institut für ökologische Bienenhaltung, nun umzusetzen. Die Frage, welche Bedeutung die Biene als Bestäuber hat, sei nur eine von vielen, die sie der Jugend näherbringen wollen. „Stellen Sie sich einen Frühstückstisch vor. Was läge nicht auf dem Tisch, wenn es keine Bienen gäbe?“, fragt er. Honig ist wohl die naheliegende Antwort darauf. Aber auch viele Obstsorten und einige Gemüsesorten wie zum Beispiel Gurken gäbe es nicht, wenn die Pflanzen nicht von Bienen oder anderen Insekten bestäubt worden wären.

Die Arbeit des Imkers kennenlernen

Der Fokus der Pro-Biene-Projekte liegt auf der Honigbiene. Im Februar gestartet ist die Stadtteilimkerei in Zusammenarbeit mit dem Haus 49, dem Stadtteilzentrum in Stuttgart-Nord. Das Projekt richtet sich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen zehn und 20 Jahren und ist auf zwei Jahre angelegt. Im März haben die Teilnehmer die Beuten, so werden die Bienenkästen genannt, gebaut. Bildung zum Anfassen, sozusagen, und unglaublich wichtig für die Kinder, sagt der Erzieher. Sie sähen, fühlten und begriffen regelrecht, worauf es ankomme. Honig gibt es im ersten Projektjahr noch keinen. „Im ersten Jahr geht es darum, die Jungbienen zu beobachten, die Arbeit des Imkers kennenzulernen. Im zweiten Jahr wird das Bienenvolk dann zum Wirtschaftsvolk, dann können wir auch Honig ernten“, sagt Heintschel.

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Bei „Biene zu Besuch“ bringen die Mitglieder von Pro Biene Lehrmaterial an Schulen und Kitas, von Infoflyern bis hin zu leeren Bienenwaben. An der Hohewartschule begleitet Pro Biene eine Schul-AG, die Schüler bekommen dort eigene Bienen, „sie ziehen im April ein“, sagt Heintschel.

Haben die Kinder keine Angst vor den Bienen?

Natürlich gebe es auch Ängste bei den Kindern – und bei den Eltern. Der Stachel der Bienen ist immerhin eine schmerzhafte Waffe. Allerdings setzten sie diesen nicht leichtfertig ein, sondern nur in absoluten Bedrohungslagen, zum Beispiel, wenn sie von einer Hand gequetscht werden, erklärt der Fachmann. Es werde vorab geklärt, ob bei den Kindern Allergien bestünden, so Heintschel.

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Generell sei die Neugier größer als die Angst, berichtet Hannah Kullmann. Sie macht gerade ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) bei Pro Biene und geht unter anderem mit „Biene zu Besuch“ in Kitas und Grundschulen und geht mit Kindergartenkindern auf die Streuobstwiese am Rohrer Weg, wo das freie Institut Bienenstöcke stehen hat. „Anfangs fragen sie oft ‚können die Bienen nicht stechen’, aber die Kinder fassen schnell Vertrauen, sind neugierig und offen“, sagt Kullmann.

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Und was ist mit den Wildbienen? Sind sie nicht auch wichtig für eine intakte Umwelt? Was tut Pro Biene für die Wildbienen? Sebastian Heintschel betont, dass Wildbienen nicht vergessen würden. Man baue Wildbienenhotels zum Beispiel in Kooperation mit dem Haus 49. Auch in dem Infomaterial, welches das Institut kostenlos an Kitas und Grundschulen schicke, gehe es nicht nur um die Honigbienen. Samentütchen, die Pro Biene verteilt, beinhalten Samen, aus denen Blumen wachsen, die auch den Wildbienen schmecken. Weitere Dinge seien derzeit im Entstehen, sagt Heintschel.

Wie das Handy helfen kann, Kindern Natur näherzubringen

Die Umweltbildung, die er bei Pro Biene anbieten kann, ist für den Erzieher und Geoökologen die perfekte Verbindung seiner gelernten Berufe. „Ich möchte etwas Sinnstiftendes machen“, sagt Heintschel über seine Motivation. Er mache sich Gedanken darüber, wie man die Jugend an Natur, Umwelt und konkret die Bienen heranführen könne, wie man die Themen für sie ansprechend gestalten könne, und wie man die Jugend längerfristig dafür begeistern könne. „Ein Faktor, den man dabei nicht verteufeln sollte, ist das Handy“, sagt Heintschel. App-gesteuerte Schnitzeljagden seien ein Beispiel dafür, wie man Jugendliche für diese Themen begeistern könne, ebenso wie Apps, die zum Beispiel bei der Pflanzenbestimmung helfen. „Spaßfaktor und Naturfaktor lassen sich so verbinden.“

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Auszeichnung
Im Dezember 2021 haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche UNESCO-Kommission im neuen UNESCO-Programm „BNE 2030“ die Nationale Auszeichnung – Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) an Pro Biene vergeben. Pro Biene überzeugte die Jury durch ein beispielhaftes Engagement für BNE und einen besonderen Einsatz für die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, heißt es in einer Pressemitteilung. Jetzt im Frühjahr beginnt Pro Biene zwei neue BNE-Projekte: die Stadtteilimkerei als Teil der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Stuttgart-Nord, gefördert durch den Projektfonds „Zukunft der Jugend“ der Stadt Stuttgart, und die Kinderimkereien für Stuttgart, gefördert durch das Programm „Nachhaltig lernen“ der Baden-Württemberg-Stiftung und der Heidehof-Stiftung.

FÖJ
Ab September bietet Pro Biene wieder die Möglichkeit für ein freiwilliges ökologisches Jahr an. Wer sich dafür interessiert, kann sich direkt bei der Landeszentrale für politische Bildung bewerben. Der Direktlink lautet www.foej-bw.de/es/probiene. Mehr Infos zum Institut stehen online unter www.probiene.de.