Die finanziellen Mittel sind knapp, trotzdem führt Pro Familia Waiblingen das Projekt Flügel weiter. Der Bedarf an Beratungen ist im vergangenen Jahr stark gestiegen.

Waiblingen - Eine halbe Stelle für das Projekt „Flügel“ – das wäre der große Wunsch der Pro Familia Waiblingen für das neue Jahr gewesen. Erfüllt worden ist er zum Bedauern von Oranna Keller-Mannschreck, der Leiterin der Beratungsstelle, nicht: „Der Kreistag hat 15 000 Euro genehmigt, das ist die Hälfte dessen, was wir uns gewünscht hätten.“

 

Dennoch werde Pro Familia das vor gut drei Jahren aus der Taufe gehobene Projekt fortsetzen, das sich an Frauen richtet, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, sagt Keller-Mannschreck. Mit einem Budget von 15 000 Euro könne Pro Familia allerdings nur eine 20-Prozent-Stelle finanzieren, was umgerechnet zwölf Stunden pro Woche bedeute. „Das ist nicht wirklich viel, wenn man bedenkt, dass die Kolleginnen auch viele Telefonate, beispielsweise mit Anwälten, führen müssen.“

Beratungsbedarf ist deutlich gestiegen

Bedarf an Beratung und Hilfe speziell im Bereich sexualisierter Gewalt gibt es im Landkreis leider genug. „Die Zahl der Beratungen hat sich im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr von knapp 100 auf 200 verdoppelt“, sagt Oranna Keller-Mannschreck. Warum, das lasse sich kaum beantworten: „Eventuell haben sich einfach mehr Menschen getraut, Hilfe zu suchen.“ Zudem weisen offenbar mehr Ärzte und Polizeidienststellen auf das Angebot Flügel hin. Im Jahr 2016 sei die Zahl der Frauen, die Übergriffe an ihrem Arbeitsplatz erlebt hätten, auffällig hoch gewesen, sagt Keller-Mannschreck. Hinzu kämen Betroffene, die in der Familie sexualisierte Gewalt erleben müssten.

Was die Finanzierung angehe, habe der Landrat Richard Sigel ihr ein bisschen Mut gemacht, sagt Oranna Keller-Mannschreck. Er habe signalisiert, dass bei weiter steigenden Zahlen in Sachen Finanzierung eventuell etwas nachjustiert werde.

Klientinnen aus dem gesamten Rems-Murr-Kreis

Die SPD-Fraktion im Waiblinger Gemeinderat hatte im Zuge der Haushaltsberatungen beantragt, die Stadt Waiblingen solle Pro Familia mit einem Jahresbeitrag von 5000 Euro unterstützen, unter anderem, damit das Projekt Flügel weitergeführt werden kann. Der Antrag war jedoch abgelehnt worden – mit dem Hinweis darauf, dass Pro Familia unter anderem mit Räumen im Familienzentrum Karo unterstützt werde. „Waiblingen ist uns gegenüber ein großzügiger Gastgeber“, bestätigt Keller-Mannschreck.

Schade sei, dass außer der großen Kreisstadt und der Gemeinde Kernen keine andere Kommune das Projekt Flügel gesondert finanziell unterstütze, obwohl Frauen aus dem ganzen Kreis das Angebot nutzten. Über die Kreisumlage beteiligen sich die Kommunen im Landkreis allerdings indirekt an der Finanzierung des Projekts.