Der Herzliche Blumenladen in Stuttgart-Sillenbuch hat ab sofort mittwochs zu. Die Inhaberin findet partout kein Personal. Sie ist mit dem Problem nicht allein. Kaum einer will den Beruf mehr erlernen.

Filder - Rosen, Lilien und so viel mehr: Die geballte Blütenpower liegt im Geschäft von Ute Glemser-Wild in der Luft. Seit 1985 führt sie den Herzlichen Blumenladen in Sillenbuch, und neben Grün, Grün, Grün gibt es hier Accessoires in elegantem Ambiente. Ein Traumjob, sollte man meinen. Doch für viele offenbar nicht traumhaft genug. Ute Glemser-Wild sucht Personal. Aber weil sie keine Floristen findet, sind nun die Öffnungszeiten verkürzt worden. Mittwochs ist das Geschäft ab sofort zu. „Es gab keinen anderen Weg“, sagt die Inhaberin. Anzeigen hätten nichts gebracht, der Aushang auf dem Großmarkt konkurriere mit etlichen anderen Zetteln, und von den Damen, die das Arbeitsamt vorgeschlagen habe, sei keine vorstellig geworden, so die Mitarbeiterin Marion Matic.

 

Der Sillenbucher Laden ist keine Ausnahme. Die Branche schwächelt. Norbert Walz, Seniorchef der Gärtnerei Haag, lacht müde. „Wir suchen seit 35 Jahren immer Leute.“ Die Sondersituation im Betrieb mit Standorten rund um Sonnenberg: Das Unternehmen bietet neben einem Gartencenter und einem Blumenladen auch den Friedhofsgartenbau an. 26 Leute sind angestellt, aber „wir suchen händeringend“. Gelockt werde mit allen Mitteln. Norbert Walz spricht von einer „weit übertariflichen“ Bezahlung, der neuen Auszubildenden werde der Führerschein mitfinanziert.

Für die Ausbildung finden sich immer weniger Interessenten

Die dreijährige Ausbildung kann man an der Landwirtschaftlichen Schule in Hohenheim machen. Für die Inhalte – Umgang mit Pflanzen und deren Pflege, Gestaltung von Blumenschmuck, betriebliche Abläufe, Kundenberatung, Verkauf – interessieren sich aber immer weniger, bestätigt die Konrektorin Dorothea Gärtner. „Die Auszubildendenzahlen sind extrem eingebrochen in den letzten Jahren“, sagt sie. Ein Beispiel: Als Anja Kukulinski, die im Degerlocher Blumenladen Beilharz arbeitet, im IGA-Jahr 1993 ihre Floristik-Prüfung ablegte, standen um die 100 Prüflinge aus drei Stuttgarter Klassen parat. Laut Dorothea Gärtner ist zur Abschlussprüfung in diesem Juli gerade mal ein Dutzend angetreten, fünf Schüler aus derselben Klasse haben zuvor die Winterprüfung absolviert. „Wahrscheinlich stirbt das irgendwann aus“, sagt Anja Kukulinski.

Laut Dorothea Gärtner haben tatsächlich viele Schulen Probleme, die Klassen mit einer Mindeststärke von 16 Schülern vollzubekommen. Es liege im Ermessen des Regierungspräsidiums und des Schulverwaltungsamts, die Ausbildung an einer Schule zu streichen, wenn drei Jahre hintereinander zu wenige Schüler Interesse zeigten. In der Konsequenz habe es schon Schließungen gegeben. Doch schlimmer sieht es bei den Meistern aus. Die Hohenheimer Schule ist mittlerweile die einzige im Land, die noch Meisterklassen unterrichtet, stellt die Konrektorin klar. Schuld an der Misere ist in Dorothea Gärtners Augen vor allem der schwache Verdienst. Lehrlinge bekommen zwischen 574 und 677 Euro, das Einstiegsgehalt liegt nach dem Tarifvertrag bei 1700 Euro brutto. „Das ist weniger als in anderen Ausbildungsberufen“, sagt sie. Marion Matic aus dem Sillenbucher Laden weiß zudem: „Da machst du dir auch mal die Finger dreckig, viele arbeiten lieber in Boutiquen.“ Und Norbert Walz betont, dass die Sechs-Tage-Woche unattraktiv sei. „Die Freizeit ist so hoch angesiedelt, dass die gewerblichen Betriebe unheimliche Probleme haben.“

Der Lohn ist ziemlich niedrig

Klaus Götz, der Präsident das Floristen-Landesverbandes, betont: „Wir tun für den Berufsstand, was wir können.“ Auf Ausbildungsbörsen sei man ebenso präsent wie auf Gartenschauen. Doch in diesem Handwerk sei es wie in anderen: Einerseits gehe bei den jungen Leuten der Trend zum Studium, andererseits sei die Branche in puncto Bezahlung unter Druck, „weil bei den Kunden die Akzeptanz fehlt, dass diese Dienstleistung auch dementsprechend bezahlt werden muss“, moniert er.

Klaus Götz glaubt: Das Handwerk brauche ein besseres Image. Er wird seinerseits nicht müde, für seinen „Traumberuf“ zu werben, „ich erlebe es selten, dass Blumen nicht erfreuen“.