Das Projekt Humboldt reloaded hat rund 600 Studenten schon früh an die Forschung herangeführt. Die Bandbreite ist groß, die Forschungsobjekte manches mal ganz klein.

Stuttgart - Darmflora ist ein aktuelles und hippes Thema. Immer mehr Menschen wissen, wie wichtig sie für die Gesundheit ist“, sagt Verena Wolfarth. Die Biologiestudentin steht vor einem Plakat in der Aula des Hohenheimer Schlosses und erklärt, woran sie und ihr Team im vergangenen Jahr geforscht haben.

 

„Wir haben Darmbakterien aus Hühnern isoliert, kultiviert und untersucht, um noch unbekannte Bakterien zu finden und mehr über die Gesamtheit der Zelle, das Mikrobiom, zu erfahren“, sagt die 22-Jährige. Wolfarth ist eine von 595 Studierenden, die im vergangenen Jahr in 193 Einzelprojekten am Forschungsprojekt „Humboldt reloaded“ teilgenommen haben. Am Donnerstag fand nun in Hohenheim die Jahrestagung statt.

Immer gefragter sind interdiszplinnäre Projekte

Ziel des Projekts ist es, Studierende bereits ab dem zweiten Studienjahr an die Forschung heranzuführen. Dadurch entdecken sie schon früh, ob diese ihnen liegt – oder sie merken rechtzeitig, dass die Arbeit im Labor nichts für sie ist.

Verena Wolfahrt gehört zur ersten Gruppe. Sie geht den Dingen gern auf den Grund und will sich in ihr Fachgebiet vertiefen. „Ich bin recht unbedarft ans Projekt gegangen, weil ich mich schon immer mit Bakterien befassen wollte“, sagt sie. Ihre Erwartungen wurden übertroffen. „Ich konnte mich frei entfalten und wirklich forschen. Man wird von erfahrenen Leuten ernst genommen und nicht wie ein Hiwi behandelt“, so Wolfahrt.

Immer gefragter seien mittlerweile interdisziplinäre Projekte, sagt Martin Blum, Initiator und Projektleiter von Humboldt reloaded. Das erste dieser Art, ein Zusammenspiel von Agrar- und Wirtschaftswissenschaften, drehte sich um die Funktion von Rohstoffzertifikaten.

Karen Wolf, Studentin der Agrarwissenschaften, nahm als eine von acht Teilnehmern am Projekt teil. „Weil wir eine recht große Gruppe waren, hatte jeder sein eigenes Fachgebiet und konnte das machen, was ihm am besten liegt“, sagt Wolf.

Zwar sei die Abstimmung mit Studenten anderer Fakultäten anspruchsvoll. Doch habe sich die Mühe gelohnt: Denn anders als bei der oft eintönigen reinen Wissensabfrage, wie sie in Klausuren üblich sei, merke man beim Forschen, wie man das Erlernte praktisch anwenden könne.

Peer-Teaching ist neu

Eine der Neuerungen in diesem Jahr war das sogenannte „Peer-Teaching“, ein Konzept, bei dem ehemalige Humboldt-reloaded-Teilnehmer ihr Wissen an andere Studenten weitergeben. „Dadurch haben die Studierenden einen ganz anderen Zugang zum Lernen“, sagt Martin Blum.

Das bestätigt Evelyn Reinmuth, die die interdisziplinären Projekte betreut. „Die Studis erarbeiten sich Dinge schneller, wenn sie untereinander sind. Man gesteht sich vorhandene Lücken ein und stellt auch mal triviale Fragen.“

Bund und Land fördern das von 2011 bis 2020 laufende Projekt im Rahmen des Qualitätspakts Lehre mit insgesamt 16 Millionen Euro. „Im Bereich forschendes Lehren und Lernen nehmen wir deutschlandweit eine Sonderstellung ein“, sagt Martin Blum.

Aber eigentlich sollte die Einheit von Forschung und Lehre Kern jeder Universität sein, findet Blum. Als erster habe diesen Anspruch Wilhelm von Humboldt formuliert, preußischer Bildungsreformer und Namenspatron von Humboldt reloaded.