Die Evangelische Gesellschaft hat das Projekt „PatEx“ ins Leben gerufen. Erste Erfolge sind in Botnang zu sehen.

Botnang - Sie leben in Botnang, manchmal Tür an Tür. Aber sie haben so gut wie keine gemeinsamen Berührungspunkte. Die Evangelische Gesellschaft (eva) hat im Stadtbezirk drei unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen ausgemacht, die sie zusammenzuführen möchte. Da wären zunächst einmal „die jungen Menschen, die schon lange im Stadtteil leben, hier familiär verwurzelt und gut vernetzt sind – wie Konfirmanden oder Vereinsmitglieder“, sagt der Leiter der Jugendsozialarbeit bei der eva, Klausjürgen Mauch. „Daneben gibt es Jugendliche, die ebenso lange im Stadtteil leben, aufgrund fehlender Bezüge im Bezirk aber weniger gut verankert sind – manche davon kommen regelmäßig zur Mobilen Jugendarbeit.“ Zu guter Letzt sei im Jahr 2015 eine dritte Gruppe dazugekommen: Heranwachsende mit Fluchterfahrung. Das Projekt „PatEx“ soll helfen, dass die Jugendlichen zueinander finden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Evangelische Landeskirche fanden die Idee gut und unterstützen das Projekt mit insgesamt knapp 200 000 Euro. Das Geld fließt vor allem in eine 89-Prozent-Stelle, die sich drei Mitarbeiter von September 2017 bis August 2020 teilen.

 

PatEx steht für Paten und Experten

„PatEx steht für Paten und Experten“, erklärt Mauch. „Zunächst war ein Patensystem geplant, das dafür sorgen sollte, dass neuangekommene Jugendliche mit Fluchterfahrung von ausgebildeten Paten willkommen geheißen werden.“ Nach einigen Monaten sei allerdings deutlich geworden, dass es in den Unterkünften keinen regelmäßigen Bewohnerwechsel geben wird. „Wer einmal hier wohnt, bleibt länger da“, sagt Mauch. Das PatEx-Konzept wurde verändert. „Nötig sind nicht Paten, sondern verlässliche Partner, die den Jugendlichen in der Unterkunft dabei helfen, sich dauerhaft zu integrieren – und zwar durch Beteiligung an gemeinsamen Projekten“, sagt Mauch.

Eines dieser Projekte ist das Jugendcafé, das immer montags von 18 bis 21 Uhr im Familien- und Nachbarschaftszentrum (FuN) an der Paul-Lincke-Straße stattfindet. Jede Woche kommen zwischen acht und 15 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren. „Sie gestalten mit, was an Essen und Getränken angeboten wird, welche Themen und Angebote es gibt“, sagt der Leiter des FuN, Gerald Bosch. „Vom Eintragen in die Schichtpläne über den Einkauf, die Vor- und Nachbereitung des Cafébetriebs organisieren sich die Jugendlichen mittlerweile fast selbstständig.“ Zudem wurden in den vergangenen Monaten einige andere Aktionen organisiert, die für ein Miteinander statt einem Nebeneinander der Jugendlichen in Botnang gesorgt haben. Unter anderem wurde gemeinsam Fußball geschaut und gespielt. Es wurde zum Fastenbrechen eingeladen, und es gab eine Exkursion zur KZ-Gedenkstätte nach Dachau (wir berichteten).

Reise nach Berlin

In den Herbstferien steht die nächste Reise an – nach Berlin. In der Hauptstadt wird die Mobile Jugendarbeit besucht. Darüber hinaus ist eine alternative Stadtführung geplant, bei der ein Jugendlicher mit Fluchterfahrung Berlin aus seiner Sicht näherbringt. Eigentlich sollte es für die Botnanger nach Brüssel gehen. Das war die Idee des 15-jährigen Prince Ashie, der seit September 2018 regelmäßig im Jugendcafé ist. Aber da die Jugendlichen mit Fluchterfahrung aus Botnang nicht ohne Weiteres Deutschland verlassen dürfen, wurde der Plan geändert. Denn für die Jungs um Prince Ashie, die schon lange in Botnang leben, ist es wichtig, dass auch die Gleichaltrigen aus der benachbarten Flüchtlingsunterkunft mit zur Exkursion können. „Ich hatte am Anfang Vorurteile. Aber im Kern sind wir doch alle Menschen. Wir leben und chillen miteinander, wie es sein sollte. Wir sind Freunde geworden“, erzählt der 15-jährige Anil Basli.

Das Ziel des PatEx-Projekts, die verschiedenen Gruppen zusammenzuführen, hat zumindest in diesem Fall sehr gut funktioniert. „Die dritte Gruppe Jugendlicher, die schon lange im Stadtteil leben, hier familiär verwurzelt und gut vernetzt sind, wurden zwar mit einem Projekt erreicht“, sagt Bosch. „Dort sind sie aber unter sich geblieben. Bisher gehören sie nicht zu den Café-Besuchern.“ Man gebe die Hoffnung aber nicht auf.