Noch sind beide großen Bordelle in Leinfelden-Echterdingen geschlossen. Der Betreiber eines Hauses wird aber wohl in wenigen Tagen eine Genehmigung zum Öffnen erhalten. Das Sex-Geschäft geht also unter Hygieneauflagen weiter. Doch funktioniert das überhaupt?

Leinfelden-Echterdingen - Die Corona-Zahlen steigen und steigen, dennoch geht das Geschäft mit der käuflichen Liebe weiter – und zwar nicht nur im Illegalen. Betreibern von Bordellen, Laufhäusern und anderen Prostitutionsstätten ist es seit dem 12. Oktober wieder erlaubt, ihre seit Mitte März geschlossenen Türen für Kunden zu öffnen. Freilich nur, wenn sie ein entsprechendes Hygiene-Konzept vorlegen. Es gilt Maskenpflicht, und die Freier müssen ihre Kontaktdaten hinterlassen.

 

Welchen Sinn macht die Aufhebung des Verbotes?

Eine Karlsruher Bordellbetreiberin hatte geklagt und Recht bekommen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit wiege außerordentlich schwer, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Zudem sei derzeit nicht erkennbar, dass es in Bordellen zu einer Häufung von Corona-Fällen komme. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hob das Betriebsverbot für Prostitutionsstätten im Land darauf vorläufig auf. Davon profitieren nun auch die Bordelle auf den Fildern. Allein im Stadtgebiet Leinfelden-Echterdingen gibt es zwei große Häuser.

Zur Sinnhaftigkeit dieser Entwicklung kann Gerd Maier, Leiter des Ordnungsamtes von Leinfelden-Echterdingen, derzeit noch keine Auskunft erteilen. Zunächst müsse beobachtet werden, ob ein Anstieg der Infektionszahlen in einen Zusammenhang mit dem Betrieb von Prostitutionsstätten gebracht werden kann. „Hierzu liegen derzeit noch keine Erfahrungswerte vor“, sagt er. Eberhard Haußmann, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbandes Esslingen, sieht die Entwicklung kritisch. In einer Pressemitteilung erklärt er: „Es verwundert schon, dass nun ausgerechnet Bordelle wieder öffnen, während Kinder querlüftend mit Jacke, Schal und Maske im Unterricht sitzen müssen, um die Ausbreitung des Virus im Schach zu halten.“

Mitarbeiterinnen des Projektes Rahab des Kreisdiakonieverbandes beraten seit Anfang des Jahres Prostituierte im Landkreis Esslingen. Sie hatten seit Beginn der Pandemie vor allem Hilfen zur Existenzsicherung geleistet und zur beruflichen Umorientierung beraten. „Dass nun das komplette Hilfsangebot wieder gefragt sein wird, ist kein Grund zur Freude“, sagt die Projektleiterin Maria Neuscheler. Die meisten Frauen, die in Bordellen arbeiteten, seien junge Osteuropäerinnen, die kaum ein Wort Deutsch verstünden. In diesem Metier würden Frauen als Ware gehandelt, erklärt sie, mit dieser Ware sollen die Häuser nun wieder gefüllt werden. Junge Frauen aus Rumänien, Bulgarien und Moldawien würden nun wieder zurück in die Bordelle gebracht, nachdem sie im März zum größten Teil in ihre Heimatländer gefahren worden seien.

Welche Hygiene-Regeln gelten in den Puffs?

„In allen Prostitutionsstätten sowie bei jeder sonstigen Ausübung des Prostitutionsgewerbes gilt die Maskenpflicht“, erläutert Gerd Maier. Man müsse regelmäßig lüften, Oberflächen und Gegenstände regelmäßig reinigen. Handwaschmittel, Papierhandtücher sowie Handdesinfektionsmittel seien in ausreichender Menge vorzuhalten. Die Kunden müssten ihre Kontaktdaten hinterlassen. Durch die Vorlage eines Hygienekonzepts und Kontrollen vor Ort, solle sicher gestellt werden, dass die Maßnahmen eingehalten werden. „Verstöße werden geahndet“, sagt er. „Junge Osteuropäerinnen sind nicht in der Lage, das Tragen von Maske oder gar Abstände einzufordern. Sie können keine Hygiene-Richtlinien gegenüber deutschen Freiern durchsetzen“, sagt dazu hingegen Maria Neuscheler.

Wie sieht die Lage in Leinfelden-Echterdingen aus?

Der FKK-Club Paradise in Echterdingen und das Eros-Center in Stetten sind trotz der neuen Rechtslage noch geschlossen. Allerdings wird das Laufhaus in Stetten wohl demnächst wieder öffnen. Laut Gerd Maier gab es vor Kurzem noch eine Besprechung zum Hygiene-Konzept des Hauses. Nun sei damit zu rechnen, dass der Betreiber dieses Clubs in wenigen Tagen seine Genehmigung erhält.

Beim Paradise gab es bekanntlich einen Besitzer-Wechsel. Der ehemaligen Bordell-Chef Jürgen Rudloff war im Februar 2019 wegen Beihilfe zum Menschenhandel, Zuhälterei und Investorenbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Der FKK-Club hatte Ende März Insolvenz angemeldet. Doch das Geschäft mit der Prostitution soll auch dort weitergehen. „Die entsprechenden Unterlagen liegen dem Ordnungsamt vor“, sagt Maier. Das Antragsverfahren sei aber noch nicht abgeschlossen. Grundsätzlich gelte, dass das Führen eines solchen Unternehmens nicht untersagt sei und daher eine Betriebserlaubnis nach Prüfung und auf Antrag auch zu erteilen sei.

Die Beraterinnen des Projekts Rahab des Kreisdiakonieverbandes sind unter Telefon 0157/345 999 76 oder per Mail unter rahab@kdv-es.de zu erreichen.