Der Schober soll für die Bebauung eines brachen Vaihinger Areals fallen. Die Gebäudesubstanz sei desolat, sagt der Investor. Doch die Abbruch-Pläne stoßen auf Widerstand.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Vaihingen an der Enz - Die denkmalgeschützte Stallscheune in der Vaihinger Friedrichstraße ist ein mächtiges Bauwerk. Die Eigentümer verliehen ihr ein markantes Gesicht. Verblendete Balkenköpfe, blecherne Walmspitzen, das Fachwerk mit gebogenen Fußstreben: „Das war kein rein funktionales Nullachtfünfzehn-Fachwerk. Besitzer und Architekt wollten gestalten und nahe des neuen Bahnhofs zeigen, wie man repräsentativ baut“, sagt Reinhard Wahl. Der Vorsitzende der Vaihinger Gesellschaft für Stadtgeschichte findet: „So ein stadtbildprägendes Bauwerk sollte erhalten bleiben.“ Aus heimatgeschichtlichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Aspekten.

 

„Die wichtigste Fläche, die wir innerstädtisch haben“

Die leer stehende Scheune aus der Zeit um kurz nach 1900, die seit 1985 denkmalgeschützt ist, steht aber auf einem 4000 Quadratmeter großen Filet-Areal. Oberbürgermeister Gerd Maisch (Freie Wähler) nennt es „die wichtigste Fläche, die wir innerstädtisch haben“. Seit fast 30 Jahren hofften die Vaihinger, dass sich auf der Brache etwas tue, erklärt er, doch die Eigentümergemeinschaften seien nicht zum Verkauf bereit gewesen. Mittlerweile hat die Wohnbau Oberriexingen das Areal mitsamt dem einstigen Hofgut erworben und will es in den nächsten Jahren entwickeln – ohne die Stallscheune.

„Die Substanz ist desolat“, sagt Kim Hasenhündl, der Geschäftsführer der Wohnbau Oberriexingen. Die Wohnbau habe einen Bauforscher beauftragt, der jetzt eine detaillierte Untersuchung vornehmen werde. Ein Gebäude kann aus dem Denkmalschutz entlassen werden – etwa, wenn die Kosten einer Sanierung in keiner zumutbaren Relation zum Nutzen stehen. So weit sei man aber noch gar nicht, sagt Hasenhündl. „Wir werden uns mit der Denkmalbehörde ins Vernehmen setzen, wenn wir Konkretes über den Zustand wissen.“ Das nebenstehende, markante Gutshaus, zu dem die Scheune gehört und das ebenfalls unter Denkmalschutz steht, will der Investor erhalten.

Bei dem Thema herrscht Empfindlichkeit

Die Gesellschaft für Stadtgeschichte steht mit ihrer Sorge, dass die Scheune abgerissen werden könnte, nicht alleine da. Acht weitere Vereine und Initiativen haben sich dem Protest gegen den möglichen Abbruch angeschlossen, darunter auch die Regionalgruppe des Schwäbischen Heimatbundes und die Vaihinger Gemeinderatsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Bürger bewegen Vaihingen (BbV). Deren Fraktionsvorsitzender August Lachenmann sagt allerdings auch: „Die Entwicklung des Geländes ist so wichtig, dass es schlecht wäre, wenn sie an einer Kostenexplosion für den Bauträger scheitern würde. Wir können ja froh sein, dass der Investor so mutig ist, das in die Hand zu nehmen. Ohne zu wissen, wie eine künftige Nutzung aussehen könnte, können wir aber nicht beurteilen, ob das Gebäude rentabel instand gesetzt werden könnte.“ Die Stadt Vaihingen könne sich aber zum Beispiel an Mehrkosten beteiligen, damit die Last nicht alleine am Investor hängen bleibe, finden die Abbruch-Kritiker.

Reinhard Wahl kennt Vaihingen als Stadtführer wie seine eigene Westentasche. In jüngster Zeit seien mehrere charakteristische alte Gebäude in der Stadt abgerissen worden, zuletzt das ehemalige Bahnhotel aus dem Jahr 1904, erklärt er. Deshalb herrsche bei dem Thema Empfindlichkeit. Britta Lorenz von der Bürgergruppe Konsenz sagt: „Auch als Gartenschau-Stadt sollten wir das Alte erhalten und ins Neue einbeziehen.“ Das sei nicht nur Job des Investors, „das muss die Stadtgesellschaft zusammen überlegen.“

Zu große Kompromisse?

Ein Bebauungsplan für das Areal, das Wohnen, Arbeiten und Einkaufen vereinen soll und laut Gerd Maisch „elementar wichtig für die Stärkung der Innenstadt“ ist, muss ohnehin noch her. „Die Scheune zu erhalten würde womöglich dazu führen, dass man städtebaulich zu große Kompromisse machen muss. Da muss man schon sehr genau abwägen“, findet der Oberbürgermeister.

Die Wohnbau Oberriexingen, kündigt Geschäftsführer Kim Hasenhündl an, werde noch dieses Jahr zu einem Bürgerdialog einladen. „Da können die Kritiker ja vortragen, was sie für gute Ideen haben.“