Mit dem Rolls Royce zum Justizpalast: Marcus Prinz von Anhalt hat sich auch vor seiner erneuten Verurteilung wegen Steuerhinterziehung inszeniert – und will nun eine dritte Runde.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Augsburg - Wenn schon das Gefängnis droht, dann wenigstens im Rahmen einer zünftigen Show. So hat es Marcus Eberhardt auch am Donnerstag vor dem Landgericht Augsburg wieder gehalten, wo er in seiner Rolle als „Prinz Protz“ zur neuerlichen Urteilsverkündung wegen Steuerhinterziehung erscheinen musste. Schwarze Sonnenbrille, schwarzes Shirt mit Glitzertotenkopf, weißer Rolls-Royce mit schwarz lackiertem Dach und die dazu passende, düstere Stimme: „Ich werde wieder verurteilt, wieder rechtswidrig verurteilt“, orakelte der Angeklagte, der als Marcus Eberhardt geboren wurde und sich den adelig klingenden Namen von Frederic Prinz von Anhalt gekauft hatte, bei Betreten des Gerichtsgebäudes. Aber er werde erneut Revision einlegen, auch diesmal. „Ich habe die Geduld, die Eier, und vor allem habe ich das Geld.“

 

Nachdem der Bundesgerichtshof ein erstes Urteil des Landgerichts Augsburg von vier Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung aufgehoben hatte, weil das Strafmaß als zu hoch erschien, würde es nun einen Abschlag geben, das war klar. Gut zwei Jahre hatte der aus Pforzheim stammende Bordellchef schon in Untersuchungshaft gesessen, als er gegen Kaution auf freien Fuß kam und die Sommerpause für einen Auftritt als Halbschurke im TV-Format „Promi Big Brother“ nutzte. Vom Glamour der Fernsehwelt schien nun nichts mehr in den Augsburger Sitzungssaal mit seinen Buchenholzfurniertischen. Stattdessen Worte aus dem Vokabular von Steuerfahndern, die eine ähnliche akustische Wirkung auf der Anklagebank zu entfalten schienen wie ein Zahnarztbohrer: verdeckte Gewinnausschüttungen, Strohgeschäftsführer, privat veranlasste Fahrten, die als betriebliche getarnt wurden.

Zusammengefasst kam die Augsburger Revisionskammer zum Schluss, dass Prinz Marcus von 2007 bis 2011 eine Summe von 640 000 Euro an Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuern hinterzogen hat, indem er die Leasingkosten mehrerer Luxusautos auf die von ihm 2006 in Neu-Ulm gegründete Eberhardt Entertainment Enterprises GmbH schreiben ließ. So setzte er beim Finanzamt Ulm einen Mercedes McLaren SLR für monatlich 10 000 Euro ab, dazu einen Ferrari für 6000 Euro, einen Maybach für 9000 Euro, einen Rolls-Royce für 7000 Euro und zwei Porsche für mehr als 10 000 Euro monatlich. Auf diese Weise sei es über Jahre zu einer Steuerfestsetzung „auf null“ gekommen, bemerkte Richterin Dorothee Singer. Einmal habe er sogar eine Steuerrückzahlung erwirken können, und das, obwohl seine Lebenspartnerin nachweislich einen der Porsche ausschließlich privat genutzt habe.

Gericht zeigt Verständnis für Bordellchef

Im ersten Urteil war das Gericht noch von einem Steuerschaden in Höhe von 800 000 Euro ausgegangen. Die Reduzierung jetzt habe mit einer verständnisvolleren Betrachtung der betrieblichen Notwendigkeiten eines Bordellchefs zu tun, ließ die Richterin durchblicken. Sie bemerkte in Richtung des Angeklagten: „Sie haben in einem Interview mal gesagt, mit einem Fiat 500 kann ich ja nicht vor dem Puff vorfahren. Das sehen wir auch so.“ Immerhin 45 000 Euro pro Jahr an Fahrzeugkosten billigte die Strafkammer dem Protzprinzen nachträglich zu. Dass er seine Kaution in Höhe von 200 000 Euro im Laufe des Prozesses zur Wiedergutmachung der Staatskasse überlässt und bereits gut zwei Jahre im Gefängnis verbracht hat, wertete das Gericht zu seinen Gunsten. Dass zu seinen 18 Einträgen im Bundeszentralregister unter anderem eine versuchte Steuerhinterziehung aus dem Jahr 2006 vermerkt ist, wirke strafverschärfend, so die Richterin.

Würde dieses Urteil rechtskräftig werden, hätte der Angeklagte noch ein weiteres Jahr Haft zu verbüßen. Doch Eberhardt will den Spruch erneutanfechten und notfalls sogar vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Eine Woche ist nun Bedenkzeit. „Ich denke, Sie werden eine Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen“, bemerkte Richterin Singer. Nach Sitzungsende grollte der Verurteilte: „Es ist leider so, dass hier keiner das Steuergesetz kennt – außer mir.“ Fortsetzung folgt.