Der gewaltsame Tod eines Horber Geschäftsmannes wird vor Gericht aufgearbeitet. Ist sein Protegé, ein junger Mathematiker aus Syrien, der Täter?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Rottweil - Er trägt einen braven Kurzhaarschnitt, auf der Nase sitzt ein Kassengestell, über das schwarze Hemd hat er einen grünen Pullover gezogen. Als Mathematiker mit einem Diplom der Universität Damaskus stellt er sich vor. Nur die Fußschellen, mit denen der junge Mann in den Rottweiler Gerichtssaal geführt wird, passen nicht zum biederen Äußeren. Räuberische Erpressung mit Todesfolge und Mord wird ihm der Oberstaatsanwalt in seiner Anklageschrift später vorhalten. Zusammen mit einem 32-jährigen Mittäter soll der 28-jährige Syrer am 2. November 2018 einen 57-jährigen Geschäftsmann in dessen Haus im Horber Stadtteil Nordstetten (Kreis Freudenstadt) überfallen und erdrosselt haben.

 

Beschuldigter war voll integriert

Ein wenig erinnert der Raubmord an den bundesweit beachteten Fall eines Arztes in Offenburg. Auch dort war der Täter ein Asylbewerber, auch dort hatte sich das Opfer in der Flüchtlingshilfe engagiert. Doch während in Offenburg, wo die AfD zu Demonstrationen aufrief, die Tat wohl erheblich durch eine psychische Erkrankung des Täters ausgelöst wurde, ist im Rottweiler Gerichtssaal davon keine Rede. Als bestens integriert galt der 28-Jährige. Als Flüchtling war er bereits anerkannt, er hatte eine Arbeit, seine Frau erwartete ein Kind. In einem Artikel aus dem Jahr 2016 wird er im örtlichen „Schwarzwälder Boten“ als „Musterbeispiel gelungener Integration“ vorgestellt. Was er gegenüber der Zeitung als Fluchtgrund angab, klingt in Anbetracht der Vorwürfe von heute allerdings zynisch. Er habe in Syrien im Gefängnis gesessen, weil er keinen Militärdienst habe leisten wollen. „Ich möchte niemanden töten“, erklärte er.

Was die Staatsanwaltschaft nun zusammengetragen hat, klingt jedoch wie kaltblütiger Mord. Der 28-Jährige habe Geldprobleme gehabt. Der zurückgezogen lebende Geschäftsmann, der in Immobilien investierte, war vermögend. Das sei dem Angeklagten bestens bekannt gewesen, schließlich sei er in dessen Haus ein und aus gegangen. Der 57-Jährige galt als väterlicher Freund und großzügiger Förderer. Sogar dessen Sportwagen, so berichtete der „Schwarzwälder Bote“, habe der junge Mann fahren dürfen. Zwei Wochen vor der Tat soll es jedoch einen Streit gegeben haben. So schilderten es Nachbarn.

In dieser Zeit soll der Tatplan entstanden sein. Der Mann habe einen Komplizen gesucht. Er wisse von einer „Sache, wo man viele Süßigkeiten essen könne“, soll er gesagt haben. Er brauche dafür jemanden „mit einem starken Herzen“. Ein Bekannter vermittelte den Kontakt zu einem 32-jährigen Landsmann aus Ludwigsburg. Zunächst sei es um einen Raubüberfall gegangen. Am Tatort soll der 28-Jährige befürchtet haben, erkannt zu werden, und habe das Opfer erdrosselt, so die Anklage.

Angeklagter fordert Übersetzungen

Schon am ersten Verhandlungstag deutet sich an, dass es ein mühsamer Prozess werden dürfte. 2016 hatte der 28-Jährige gegenüber der Presse fließendes Deutsch gesprochen, jetzt will er Teile der Anklageschrift selbst in ihrer übersetzten Form nicht verstanden haben. In einem Antrag zählt die Verteidigung zahlreiche weitere Aktenseiten auf, die übersetzt werden müssten. Es müsse ihm möglich sein, sich intensiv und aktiv am Prozess zu beteiligen, sagt sein Rechtsanwalt. Auskünfte zu seiner Person und seiner Sache sind damit aber wohl nicht gemeint. Es seien keine Einlassungen geplant, sagt der Anwalt. Nur so viel: Er habe keinen Anlass gehabt, den 57-Jährigen zu töten.