Claudia Roth gegen „Tichys Einblick“ und „Achse des Guten“. Die Grünen-Politikerin wurde ans Stuttgarter Landgericht vorgeladen. Der Streitpunkt: Darf sie zwei Internetportale als „neurechte Plattformen“ bezeichnen und ihnen „Hetze“ vorwerfen?

Stuttgart - Dass Claudia Roth nicht auf den Mund gefallen ist, hat die Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags nur allzu häufig bewiesen. Aufgrund eines verbalen Angriffs auf zwei meinungsstarke Internetportale hat das Landgericht Stuttgart jetzt ihr Erscheinen am Donnerstag um 10 Uhr vor der 11. Zivilkammer an der Urbanstraße angeordnet. Da Roth aber als Stellvertreterin von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in Paris an der offiziellen Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz teilnimmt, lässt sie sich von ihrem Anwalt vertreten, wie ihr Sprecher unserer Zeitung mitteilt.

 

Streitpunkt ist eine einstweilige Verfügung, da Roth in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ die Internetportale „Achse des Guten“ und „Tichys Einblick“ als „neurechte Plattformen“ bezeichnet hatte, deren Geschäftsmodell auf „Hetze und Falschbehauptungen“ beruhe. Die beiden Internetportale sehen sich im Selbstverständnis anders. „Tichys Einblick“ hat die Klage angestrengt.

Auch Henryk M. Broder kommt nach Stuttgart

Vor Gericht erscheinen soll laut „Tichys Einblick“ der Publizist Henryk M. Broder, Herausgeber und Autor der „Achse des Guten“ und Kolumnist bei der Tageszeitung „Die Welt“. Broder war außerdem Protagonist der ARD-Satiresendung „Entweder Broder – Die Deutschlandsafari“. Er ist jüdischer Herkunft, was auch Thema seiner Arbeiten ist, gilt als sehr streitbar und seinerseits nicht auf den Mund gefallen.

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Sowohl die „Achse des Guten“ als auch „Tichys Einblick“, betrieben von dem Journalisten Roland Tichy, sehen sich nicht zum ersten Mal den Vorwürfen ausgesetzt, sich zumindest an der Grenze zum Rechtspopulismus zu bewegen. Roland Tichy bezeichnet beide Blogs dagegen als politisch „in der Mitte verankert.“

Hasskommentare und Konsequenzen

Claudia Roth hatte sich in dem Doppelinterview mit Renate Künast über Hass-Kommentare im Netz geäußert. Künast hatte erst am Dienstag juristisch einen Teilerfolg errungen. Die Grünen-Politikerin wurde von Unbekannten auf Facebook als „Stück Scheiße“ und „Geisteskranke“ beschimpft. Nach einem Gerichtsbeschluss von September waren die Kommentare jedoch keine Diffamierung ihrer Person und damit keine Beleidigung. Nun teilte das Berliner Landgericht mit, dass die Kommentare „im Lichte höchstrichterlicher und verfassungsrechtlicher Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit“ nochmals geprüft worden seien. In sechs Fällen sei nun eine Beleidigung gesehen worden. „Jetzt muss Facebook die Daten der betroffenen Nutzer aber auch tatsächlich rausgeben“, sagte die Grünen-Politikerin der dpa. „Als demokratische Gesellschaft dürfen wir einen solchen Umgangston nicht akzeptieren.“