Der Prozess gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu und ihre Mitangeklagten in der Türkei ist am Donnerstag nach kurzer Zeit beendet worden. Die Fortsetzung wurde auf Oktober vertagt.

Istanbul/Ulm - Die Fortsetzung des Prozesses gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu und ihre Mitangeklagten in der Türkei ist auf den 11. Oktober vertagt worden. Das teilte Tolu am Donnerstag auf Twitter mit. Das Gericht habe bei der neunten Anhörung am Vormittag entschieden, Ausreisesperren und weitere Auflagen für 22 der Angeklagten in Kraft zu halten, fügte sie hinzu. Neben Tolu steht unter anderem ihr Mann Suat Corlu vor Gericht. Ursprünglich sollte am Donnerstag verhandelt werden, die Sitzung wurde aber nach kurzer Zeit beendet.

 

Suat Corlu könne derzeit nicht nach Deutschland zurückkehren, schrieb die Journalistin. Die türkische Grenzpolizei habe ihm bei der Einreise den Pass entzogen. Er sei nach Istanbul geflogen, um den Prozess zu verfolgen. Tolu kündigte an, sich „weiterhin für Freiheit und Gerechtigkeit“ einzusetzen.

Verhandlung frühzeitig beendet

Margit Stumpp, medienpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, bezeichnete den Prozesstag am Donnerstag als deutlichen Rückschlag für die Angeklagten. „Die Zermürbungstaktik der Staatsanwaltschaft ist offensichtlich“, kritisierte sie. Stumpp war zur Prozessbeobachtung nach Istanbul gereist. Die Verhandlung sei ohne die angekündigte Anhörung eines „geheimen Zeugen“ beendet worden, sagte sie. Als Grund seien technische Gründe genannt worden. „Scheinbar kann die Anklage keine glaubwürdigen Zeugen finden“, sagte die Politikerin.

Dass Corlu der Pass abgenommen wurde, sei „an Absurdität nicht zu überbieten“, kritisierte Stumpp. Die türkischen Behörden hätten den Passentzug mit drei weiteren Ermittlungen begründet, die sich vermutlich auf angebliche Disziplinarverstöße während Corlus Haftzeit beziehen. Die türkische Justiz sei zu einem „Unrechtssystem“ geworden. Die Grünen-Politikerin forderte die Bundesregierung auf, „auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu pochen“.

Festnahme im April 2017

Tolu ist in der Türkei wegen Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Sie hatte zuletzt für die linke Nachrichtenagentur Etkin News Agency (Etha) gearbeitet. Die 1984 in Ulm geborene Tochter kurdischer Eltern war im April 2017 bei einer Razzia in ihrer Wohnung in Istanbul festgenommen worden. Ende August durfte sie nach siebenmonatiger Haft und anschließender Ausreisesperre das Land verlassen und ist seitdem wieder in Deutschland. Auch ihr Mann durfte zwischenzeitlich ausreisen.