Eine Gruppe Deutscher soll drei Migranten auf dem Stettener Wahrzeichen eingekesselt und bedroht haben. Nur einer von ihnen wurde vor Gericht zweifelsfrei identifiziert.

Waiblingen/Kernen - Fünf Angeklagte und vier Anwälte: Das hätte auch ohne Corona-bedingter Pflicht zum Abstandhalten die Kapazitäten des Amtsgerichts Waiblingen gesprengt. So fand die Verhandlung gegen fünf Männer im Alter zwischen 23 und 36 Jahren – ein sechster Tatverdächtiger tauchte erst gar nicht auf – wegen gefährlicher Körperverletzung im Bürgerzentrum Waiblingen statt.

 

Die Gruppe kesselt die Opfer ein

Die Tat war am 30. Mai 2019 passiert. Am späten Abend saßen drei heute zwischen 20 und 23 Jahre alte Männer mit einer heute 18-jährigen Bekannten aus Stetten und deren 17-jähriger Freundin vor der Yburg in Stetten und unterhielten sich auf Arabisch. Ein deutscher Mann kam vorbei und soll die jungen Männer angepöbelt haben, da er sich von ihnen beleidigt gefühlt habe. Später kam der Mann laut Zeugen mit bis zu acht Kumpanen zurück, die Gruppe kesselte die Opfer regelrecht ein.

Einer der Angreifer soll einem der Männer ein Springmesser an den Hals gehalten und ihn gewürgt haben. „Ich dachte, ich sterbe jetzt“, sagte der Geschädigte im Zeugenstand. Die anderen jungen Männer kassierten Schläge gegen den Kopf und ins Gesicht. Die Attackierten flüchteten zu ihrem Auto, worauf ein Angreifer am Fahrzeug eine Scheibe und einen Außenspiegel beschädigte. Während des Vorfalls sollen sie die Opfer zudem mit den Worten „Hurensohn“ und „Scheißaraber“ beleidigt haben.

Die von den Mädchen verständigte Polizei griff bei einem Gartenfest in einer 300 Meter vom Tatort entfernten Anlage die Angeklagten auf. Laut Staatsanwalt trugen sie auf der Party Kleidung, die sie als Sympathisanten der rechtsradikalen Szene auswies. Bis auf einen Beschuldigten wohnten alle Männer in Stetten. Vor Gericht äußerten sie sich nicht zur Tat. Einen der Angeklagten traf die Polizei nicht bei der Feier an, den 23-jährigen Sven H. Ihn hatte bei dem Angriff aber die 18-Jährige erkannt, da sie mit seinem Bruder befreundet sei. Auch die anderen Zeugen identifizierten im Gerichtssaal Sven H., den eines der Opfer bei der Polizei als Rädelsführer und als „Monster“ bezeichnet hatte. Er habe die Kommandos gegeben, und er habe auch das Messer gezückt.

Sven H. war nicht nur wegen Körperverletzung angeklagt, sondern auch, weil er im Januar 2020 vor Polizeibeamten „Heil Hitler“ geschrien haben soll. Der Friseurlehrling wurde damals mit 2,6 Promille in Stetten aufgegriffen. Der Staatsanwalt sagte in seinem Plädoyer: „Der Fall krankt an zwei Tatsachen. An dem langen Zeitraum, der seit der Tat vergangen ist, und daran, dass wir nur das schwächste Beweismittel überhaupt haben: Zeugen.“ So sei es schwierig, die Tat genau zu rekonstruieren. Der Richter sah es ähnlich. Vier der fünf Angeklagten wurden freigesprochen. Es ließ sich für den Richter nicht zuordnen, wer gewalttätig war und wer nur dabeistand.

Der 23-jährige muss ins Gefängnis

Sven H. dagegen wurde als Einziger zweifelsfrei identifiziert. Da er mehrfach vorbestraft ist und gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat, muss er nun ins Gefängnis. Der Richter verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und einem Monat wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.