Das Amtsgericht hält die 48-Jährige für schuldunfähig.

Böblingen - Die Dauerkandidatin bei Bürgermeisterwahlen in der Region hat es jetzt abermals schwarz auf weiß: Vor Gericht gilt die Sindelfingerin Fridi Miller als schuldunfähig. Zu diesem Urteil war vor Jahren schon das Landgericht in Stuttgart gekommen. Nun sprach sie der Böblinger Amtsrichter Horst Vieweg deshalb vom Vorwurf der Beleidigung frei.

 

Fridi Miller hatte im August 2016 von einer Verhandlung am Landgericht ein Video auf Youtube gestellt und den Richter als „korrupt“ und einen „Psycho“ bezeichnet. Mit diesen Worten hatte sie sich auch gegenüber einem Familienrichter in Böblingen geäußert und ihn mit unflätigen Bezeichnungen bedacht. „Ihr gesamtes Weltbild ist krank“, erklärte Vieweg der Angeklagten. Der vor Gericht geladene psychiatrische Sachverständige bescheinigte der 48-Jährigen Wahnvorstellungen.

„Gravierende psychische Gesundheitsstörung“

Bei Hermann Ebel, dem ärztlichen Direktor der Psychiatrie in Ludwigsburg, hatte sich Miller im Juli des vergangenen Jahres vorgestellt. „Frau Miller verfügt über gute kommunikative Fähigkeiten“, begann Ebel seine Ausführungen. Sie sprühe vor Energie, nehme keine Drogen, eine Medikamentenabhängigkeit bestehe ebenso wenig, diagnostizierte er. Die Anamnese habe zudem ergeben, dass es in ihrer Familie keinerlei psychischen Erkrankungen gebe. Bei ihr jedoch habe er eine „gravierende psychische Gesundheitsstörung“ feststellen müssen, sagte Ebel, die „im schizophrenen Bereich einzuordnen“ sei.

In einem ausführlichen Gespräch habe sich ergeben, sagte der Gutachter, dass sich die Frau als Opfer eines Komplotts sehe. Im Netzwerk von Institutionen, der Polizei, der Justiz, von Sozialarbeitern und nicht zuletzt von Scientology, die es auf ihr Geld abgesehen habe. Letztere halte Miller für involviert, denn ihrer Auffassung nach gehöre der Organisation auch eine Holzgerlinger Anwaltskanzlei an, die bei der Trennung von ihrem Mann im Jahr 2013 eingeschaltet gewesen sei. „Sie alle haben nach ihrer Denkweise nur das Ziel, sie zu zerstören und ihr die Tochter auf Dauer wegzunehmen, erklärte Ebel. Miller bezeichnet die Verantwortlichen als eine „kriminelle Vereinigung“.

Sorgerecht für die Tochter entzogen

Die Inobhutnahme der im Jahr 2006 geborenen Tochter durch das Jugendamt erfolgte nach einem Besuch in der Mineraltherme Böblingen Anfang 2014. Man warf ihr die Verletzung der Aufsichtpflicht vor, weil sie es offenbar zugelassen hatte, dass sich das Mädchen im Saunabereich aufgehalten habe – zusammen mit 45 Gästen, berichtete der Ludwigsburger Gutachter. Der Bademeister forderte sie auf, die Therme zu verlassen, und erteilte ihr Hausverbot. Als sie sich widersetzte, wurde die Polizei alarmiert. Offenbar griffen die Beamten etwas hart zu: Ein Arzt stellte bei Miller leichte Verletzungen am Arm und Hautabschürfungen fest. Dass man ihr danach die Tochter wegnahm sowie der Partnerschaftsstreit sind laut Ebel der Ausgangspunkt einer „wahnbildenden Psychose“. Bis heute kämpft Miller darum, das Sorgerecht für ihre Tochter zurückzubekommen.

Durch ihre Provokationen wolle sie auf ihre Not aufmerksam machen, erklärte der Experte. Wenn sich die Frau nicht behandeln lasse, werde sie wohl weitere Straftaten begehen, resümierte Ebel. Fridi Miller riet er dringend, sich einer Therapie zu unterziehen. Die Angeklagte nahm dies schweigend zur Kenntnis. Dafür äußerte sie sich mehr als eine Stunde lang zu ihren Problemen mit ihrem ehemaligen Ehemann, über Menschen, die sie enttäuschten, über Behörden, die sie in ihren Augen ungerechtfertigt behandelten. Der Richter ließ sie gewähren. „Ich habe keine schizophrene Psychose“, meinte Miller gegen Ende der Verhandlung.