Wann der Prozess gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger in Freiburg beginnt, ist unklar – die Vorbereitungen laufen. Das Gericht muss demnächst entscheiden, ob es die bisher ermittelten zehn Männer gemeinsam vorlädt oder nur acht von ihnen. Drei Personen könnten auch separat vor Gericht gestellt werden.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Die Enten mussten weichen: Für den bevorstehenden Großprozess gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger einer 18 Jahre alten Discobesucherin in Freiburg am 14. Oktober des vergangenen Jahres muss das Landgericht Freiburg nicht nur den Gerichtssaal, sondern auch den Innenhof des Gebäudes umbauen.

 

Der Ententeich wurde trockengelegt und auf einem Betonfundament dann ein Holzboden als Parkplatz für die Gefangenentransporter verlegt. Es könnten acht oder mehr Fahrzeuge sein, denn es wird ein Großprozess, bei dem gegen zehn Angeklagte verhandelt werden könnte. Wie viele genau es werden, steht noch nicht fest.

Am Mittwoch hat die Freiburger Polizei überdies den zwölften Verdächtigen gefasst, einen 33 Jahre alten Deutschen. Gegen ihn bestehe ein Haftbefehl, der aber gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden sei, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Am Dienstag war ein 21 alter Mann aus Syrien als elfter Verdächtiger festgenommen worden.

Das Gericht muss demnächst entscheiden, ob es die bisher ermittelten zehn mutmaßlichen Vergewaltiger bei der Diskothek gemeinsam vorlädt oder nur acht von ihnen. Zwei der Beschuldigten und einer anderen Person, die mit der Tat an der Diskothek nichts zu tun hat, werden eine weitere gemeinschaftliche Vergewaltigung und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Diese drei Angeklagten könnten deshalb separat vor Gericht gestellt werden. „Es ist die Sache des Gerichts, das zu entscheiden“, betont Martina Wilke, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Freiburg. Die Behörde hat jedenfalls zwei Anklagen vorbereitet.

Die erste wirft zwei 22 und 23 Jahre alten Syrern Vergewaltigung, unterlassene Hilfeleistung und unerlaubtes gemeinschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vor. Die zweite Anklage richtet sich gegen fünf Syrer im Alter von 19 bis und 30 Jahren, einen 23-jährigen Iraker, einen 18-jährigen Algerier und einen 25-jährigen Deutschen. Vier der Angeschuldigten sollen die Tat als Heranwachsende begangen haben, deshalb wird vor einer Jugendkammer verhandelt. Alle befinden sich in Untersuchungshaft. Ihnen wird Vergewaltigung und unterlassene Hilfeleistung zur Last gelegt, vieren der Syrern auch der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln.

Der Tatbestand könnte in einem Zug aufgeklärt werden

Üblicherweise wird gegen Beschuldigte einzeln verhandelt, aber wenn es sich um einen „einheitlichen Sachverhalt“ handelt, sagt der Landgerichtssprecher Stark, sei nach der Strafprozessordnung (Paragraf 237) auch ein Prozess mit mehreren Angeklagten möglich. Auch sinnvoll, weil dann der praktisch identische Tatbestand der mehrfachen Vergewaltigung in einem Zug aufgeklärt werden kann. Sollte die Frau aussagen, müsste sie das nur einmal tun.

Der noch nicht terminierte Prozess mit vielen Angeklagten sei eine logistische Herausforderung, betont der Sprecher des Landgerichts, aber man habe entschieden, das Verfahren nicht in ein größeres Gebäude zu verlegen oder einen Saal zu vergrößern, wie es in anderen Verfahren geschah. Zum Beispiel in Stuttgart-Stammheim 1975 bis 1977 im Prozess gegen die RAF oder in München im Verfahren zwischen 2013 und 2018 gegen den neonazistischen NSU – oder in Konstanz, wo gegen neun mutmaßliche Mafiosi verhandelt wird. Dort ist eigens eine frühere Kantine umgebaut worden.

Zwei Stuhlreihen müssen entfernt werden

In Freiburg bleibt man im eigenen Haus und im üblichen Saal vier. „Mit ein paar Umbaumaßnahmen schaffen wir das“, sagt Dieter Stark. Zwei Stuhlreihen müssen entfernt werden, damit Anwälte, Sachverständige, Zeugen, Dolmetscher und Angeklagte im Gerichtssaal genug Platz haben. Für die Zuhörer wird die Empore geöffnet. Im Gerichtsgebäude müssen weitere Aufenthaltszellen für die Angeklagten eingerichtet werden, denn sie dürfen in den Verhandlungspausen untereinander nicht in Kontakt kommen. Die in etlichen Großprozessen in Freiburg bewährten Sicherheitsmaßnamen im Gebäude und am Eingang seien auch für das – oder mehrere – kommende Verfahren ausreichend.