22-Jähriger muss fast vier Jahre ins Gefängnis. Bei einem Raub hat das Opfer beinahe sein Augenlicht verloren.

Leonberg - Wohl alle im Sitzungssaal des Leonberger Amtsgerichts hatten Mitleid mit dem Mann, der im Oktober Opfer eines Raubüberfalls in der Leonberger Altstadt wurde. Der 36-jährige Münchener, der beruflich hier zu tun hatte, war nach einem Kneipenbesuch auf dem Weg zu seinem Hotel, als er von einer Gruppe Jugendlicher niedergeschlagen und ausgeraubt wurde. Schläge und Tritte gegen seinen Kopf führten zu einem mehrfachen Jochbeinbruch, Prellungen und weiteren lebensgefährlichen Verletzungen. Zehn Tage lang lag er im Leonberger Krankenhaus, anschließend wurde er in München operiert.

 

„Meine linke Gesichtshälfte war komplett zerstört“, erzählte der 36-Jährige. Als er erzählte, dass die Mediziner nicht hätten ausschließen können, dass er sein Augenlicht verliere, kämpfte der dreifache Vater mit den Tränen. Bis heute sei seine Gesichtshälfte bei Kälte noch taub und er habe immer wieder Kopfschmerzen. „Ich bin auch schreckhafter als früher, wenn Gruppen auf mich zukommen.“

Zeuge erkennt Opfer nicht wieder

Ob der 22-Jährige auf der Anklagebank für all das verantwortlich war, konnte der Münchener nicht sagen. „Ich kann ihn nicht identifizieren“, sagte er. Die Staatsanwaltschaft war sich hingegen sicher, dass der Angeklagte bei dem brutalen Überfall dabei war und hatte ihn wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Nach ihren Ermittlungen hat der 22-Jährige am Tatabend mit mehreren Kumpels massiv Alkohol und Drogen konsumiert. Morgens gegen 3 Uhr soll ihnen ihr Opfer im „Blauen Engel“ aufgefallen sein: Als er den Geldbeutel gezückt habe, seien ihnen mehrere große Geldscheine aufgefallen, und sie hätten beschlossen, den Mann auszurauben.

Die Gelegenheit dazu habe sich ergeben, als der 36-Jährige auf dem Weg zu seinem Hotel war. Der Angeklagte und zwei Mittäter sollen den Mann von einer Gruppe abgesondert haben, ihn dann mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt und anschließend Geldbeutel, Handy, Lederjacke und Hotelschlüssel gestohlen haben. Die Enttäuschung sei groß gewesen, als im Geldbeutel nur 20 Euro gewesen seien, die vermeintlichen großen Scheine hätten sich als Toilettengutscheine entpuppt.

Nachbarn helfen den Mann

Als das Opfer nach kurzer Bewusstlosigkeit im nächsten Haus um Hilfe bat und die Polizei rief, hielten die Beamten insgesamt 18 Jugendliche fest, die sich an diesem Morgen in der Nähe des Tatorts aufhielten. Nach monatelangen Ermittlungen war sich die Staatsanwaltschaft sicher, dass der 22-Jährige beim Überfall dabei war.

Das räumte der Angeklagte über seinen Verteidiger ein. Allerdings will er nicht zugeschlagen haben, sondern nur geholfen haben, das bewusstlose Opfer zu durchsuchen. Die Idee zu dem Überfall habe ein 20-jähriger Bekannter gehabt. „Er hat den Kopf des Opfers zwischen seine Beine geklemmt, gegen den Kopf geschlagen und getreten“, erklärte sein Anwalt. Das bestritt der 20-Jährige, der als einer von 16 Zeugen in dem Prozess aussagte, vehement. Er habe die Schlägerei nur aus einiger Entfernung beobachtet und als er nachgefragt habe, was los sei, habe man ihm geantwortet, er solle „die Fresse halten und abhauen“, was er dann auch gemacht habe. Einige Zeugen erzählten, dass sie Angst vor dem Angeklagten hätten, der an Silvester festgenommen worden war. Vorausgegangen war eine Telefonüberwachung des 22-Jährigen, der mehrere Monate bei Freunden untergetaucht war.

13 Vorstrafen

Es sprach nicht für den Angeklagten, dass er 13 Vorstrafen hatte, darunter bereits eine wegen räuberischer Erpressung, für die er zu vier Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden war. Er räumte ein, dass sein Leben bisher von Drogen und Partys dominiert worden sei und er bisher kaum gearbeitet habe. Mit zwölf Jahren habe er das Rauchen angefangen, mit 13 Alkohol probiert und mit 15 seinen ersten Joint geraucht. Sein Vater und sein Bruder hätten ihn deshalb geschlagen. Wegen seiner Sucht habe er rund 10 000 Euro Schulden.

Am Ende verurteilt ihn das Schöffengericht wegen Raubes, gefährlicher Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Der Angeklagte habe selbst zugegeben, bei dem Überfall dabei gewesen zu sein. Die Gruppe habe den Raub geplant, die Schläge seien ihm zuzurechnen.