Ein junger Mann schlägt einen 25-jährigen Autisten mehrfach. Die Verletzungen, die er erleidet, sind nicht ohne. Der Täter wird verurteilt – auch weil er nicht zum ersten Mal auffällig geworden ist.

Marbach am Neckar - Jeden Tag sehen sie sich bei der Arbeit in einer Behindertenwerkstatt in Großbottwar (Kreis Ludwigsburg), und das nun seit zwei Jahren. Immer wieder sollen sie zum Spaß gerangelt haben. Als sich die beiden jungen Männer jedoch im vergangenen Sommer an der Bushaltestelle nahe der Einrichtung trafen, wurde aus Spaß Ernst, der nun die beiden Kontrahenten vor das Marbacher Amtsgericht führte.

 

„Ich habe nicht mit voller Wucht zugeschlagen“, verteidigte sich der 21-Jährige zu Prozessbeginn, „wir haben uns gegenseitig mit der Faust gegen die Schulter gestoßen.“ Sein Opfer erzählt das anders: „Er hat mich mehrfach gehauen, dann habe ich ihm gesagt, er soll aufhören, es tut weh.“ Bilder von einem ziemlich großen Hämatom, das der 25-Jährige damals erlitt, untermauern die Darstellung des Opfers, das in Begleitung seiner Mutter am Zeugentisch sitzt. Sie erzählt, dass es bereits eine Woche zuvor in der Werkstatt einen ähnlichen Vorfall gab, das sei aber „auf gut Schwäbisch als Bubelei abgetan“ worden. Als Autist jedoch würde sich ihr Sohn keinesfalls zur Wehr setzten, generell ginge er Konflikten sofort aus dem Weg.

Täter war schon mehrfach auffällig

Wie einseitig das Geschehen an der Bushaltestelle war, schilderte auch ein 42 Jahre alter Zeuge des Vorfalls, der ebenfalls in den Werkstätten zu tun hatte. Und er erzählt, dass „die anderen in der Werkstatt alle Angst“ vor dem 21-Jährigen haben, „weil er so gewaltbereit ist“. Der Angeklagte, der als Lagerist in der Werkstatt beschäftigt ist, lebt bei einer Tante in Marbach und ist schon häufig aufgefallen, mal mit illegalem Angeln, aber auch mit Körperverletzung und Bedrohung.

Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe sieht ihn noch als Heranwachsenden, der zahlreiche Brüche in seiner schulischen Entwicklung in einigen Lernbehinderteneinrichtungen sowie instabile Familienverhältnisse aufweist. Offenbar habe er die Tat noch nicht wirklich aufgearbeitet, es sei ihm aber bewusst, dass er ein Aggressionsproblem habe.

Zum letzten mal Jugendstrafrecht

Das Gericht folgte den Empfehlungen der Jugendgerichtshilfe nach einer spürbaren Arbeitsauflage und verhängte wegen vorsätzlicher Körperverletzung eine Strafe von 80 Stunden gemeinnützige Arbeit sowie einer einjährigen Betreuungszeit, in der auch die berufliche Situation geklärt werden kann.

Die Richterin Ursula Ziegler-Göller machte dem jungen Mann zudem unmissverständlich klar, dass er zum letzten Mal nach dem milderen Jugendstrafrecht verurteilt wurde. Dabei sah sie es als besonders verwerflich an, dass der 21-Jährige sich „den Schwächsten ausgesucht habe, um seine Aggressionen loszuwerden“.