Mit der Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts, das Hauptverfahren gegen den früheren Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzchef Holger Härter wegen Kursmanipulation nicht zu eröffnen, entspannt sich die Situation für das Unternehmen.

Stuttgart - Mit der Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts, das Hauptverfahren gegen den früheren Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzchef Holger Härter wegen Kursmanipulation nicht zu eröffnen, entspannt sich die Situation für das Unternehmen, das sich einer Flut von Schadenersatzklagen ausgesetzt sieht. Denn an die vermutete Manipulation des VW-Aktienkurses beim Übernahmekampf von Porsche und Volkswagen in den Jahren 2007 bis 2009 knüpfen die Hedgefonds und Investoren bei ihren Klagen an. Die Klagen richten sich gegen die Porsche Holding, die damals den Übernahmekampf führte. Sie ist mittlerweile vom gleichnamigen Sportwagenhersteller getrennt und hält die Mehrheit der Anteile an Volkswagen.

 

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte Wiedeking und Härter in ihrer Anklageschrift von Ende 2012 vorgeworfen, dass sie spätestens seit Februar 2008 planten, die Beteiligung an VW auf 75 Prozent zu erhöhen. In mehreren öffentlichen Erklärungen hätten sie jedoch bis zum Herbst 2008 dementiert, dass eine solche Aufstockung geplant sei. Durch diese öffentlichen Dementis sei der VW-Kurs unter Druck geraten. Dies, so erklärt nun das Landgericht, lasse sich nicht hinreichend belegen, um eine Verurteilung nach dem Wertpapierhandelsgesetz hinreichend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Deshalb werde das Hauptverfahren nicht eröffnet.

Hück: Sektkorken knallen jetzt nicht

Aufsichtsratsmitglied Uwe Hück, Vorsitzender des Betriebsrats, wertet dies als ein positives Signal in eigener Sache. Denn auch gegen ihn wird ebenso wie gegen die anderen damaligen Mitglieder des Aufsichtsrats der Holding ermittelt. Sollte die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts einlegen, gegen Wiedeking und Härter nicht zu verhandeln, dann sind die Kontrolleure aus dem Schneider. „Trotzdem knallen jetzt keine Sektkorken“, sagte Hück der Stuttgarter Zeitung. Das verbiete der Respekt vor dem Rechtsstaat.

Im März haben ebenfalls vor dem Stuttgarter Landgericht etwa zwei Dutzend Hedgefonds, die von Porsche Schadenersatz in Höhe von 1,36 Milliarden Euro verlangen, ihren Prozess verloren. Jetzt wollen sie im zweiten Anlauf den geforderten Schadenersatz erstreiten. Nach Angaben eines Sprechers des Oberlandesgerichts haben die US-Fonds Berufung eingelegt. Die Fonds haben dem Gericht zufolge nun noch etwa einen Monat Zeit, die Berufung zu begründen. Die Kläger hatten große Hoffnungen auf die Eröffnung des Prozesses gegen Wiedeking und Härter gesetzt und beantragt, das eigene Verfahren so lange auszusetzen, bis über die Anklage gegen das frühere Führungsduo entschieden ist; dies wurde jedoch abgelehnt.

Härter bleibt zweiter Prozess erspart

Die Kläger konnten das Gericht nicht davon überzeugen, dass sie selbst Anlageentscheidungen auf der Grundlage der vorgeblich falschen Porsche-Informationen getroffen haben und dadurch zu Schaden gekommen sind. Zudem, so sagte Richterin Carola Wittig, sei nicht erkennbar, dass Porsche Kenntnis von Geschäften der Fonds hatte und die Investoren gezielt täuschte, um ihnen zu schaden. Die Richterin sah Porsche im Übrigen auch nicht in der Pflicht, in einer Pressemeldung, die im März 2008 verschickt wurde, alle Karten auf den Tisch zu legen. Porsche trat damals Spekulationen entgegen, dass eine 75-Prozent-Mehrheit an VW angestrebt werde.

Bereits rechtskräftig sind nach Angaben von Porsche Urteile des Landgerichts Braunschweig, das im September 2012 in ähnlichen Fällen zwei Schadenersatzklagen gegen die Porsche Holding abgelehnt hatte. In diesen Fällen hatten die Kläger auf den Gang in die nächste Instanz verzichtet. In Gerichtsverfahren in Deutschland, England und den USA geht es insgesamt um etwa 5,7 Milliarden Euro. In Niedersachsen werden noch im April sowie im Mai vor dem Landgericht Braunschweig Klagen über insgesamt knapp 2,4 Milliarden Euro verhandelt. Porsche hat stets betont, dass sämtliche Vorwürfe unbegründet seien.

Mit der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, bleibt dem früheren Finanzvorstand Holger Härter ein zweiter Prozess erspart. In einem ersten Verfahren hatte ihn das Landgericht Stuttgart zu einer Geldstrafe von 630 000 Euro wegen Kreditbetruges verurteilt. Der Fall geht in die Revision vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe.