Am Tatort gesicherte Spuren belasten einen mutmaßlichen Brandstifter, dem versuchter Mord vorgeworfen wird. Er soll am 13. Juni im Nürtinger Teilort Neckarhausen die eigene Wohnung angezündet und damit seine beiden Mieter in Lebensgefahr gebracht haben.

Nürtingen - Das Feuer, das am 13. Juni in einem Haus in der Eifelstraße in Nürtingen-Neckarhausen einen Schaden von 150 000 Euro angerichtet hatte, ist gelegt worden. Darauf deuten die Ergebnisse der Spurenauswertung vom Brandort eindeutig hin, die am Montag als Beweise vor der 1. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts eingeführt worden sind.

 

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist überzeugt, dass es der heute 51-jährige Hauseigentümer war, der damals gegen 4.30 Uhr die von ihm selbst bewohnte erste Etage in Brand gesteckt hat. Laut der Anklage hat er damit den Tod seiner beiden Mieter in den Wohnungen über und unter seiner eigenen zumindest „billigend in Kauf genommen“. Deshalb wird er neben einer schweren Brandstiftung des versuchten Mordes beschuldigt.

Laut einem Gutachter des Landeskriminalamts (LKA), der das „Gefährdungspotenzial des Brandes“ untersucht hat, war vor allem die Frau in der Dachgeschosswohnung durch Feuer und Rauchgas einer „außerordentlich hohen“ Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt. Die beiden Mieter hatten Glück, dass ein Anwohner die aus einem Fenster schlagenden Flammen und quellenden Rauch entdeckt hatte und die noch Schlafenden warnen konnte.

Drei verschiedene Brandherde

Der Angeklagte soll zu dieser Zeit auf dem Weg zur Arbeit gewesen sein. Er soll das Feuer aber noch vor dem Verlassen des Hauses gelegt haben. Verdächtig war laut der Aussagen zweier Kriminaltechniker, dass sie im Wohn- und Schlafzimmer sowie im Büro gleich „drei verschiedene, für sich isolierte Brandherde“ entdeckt hatten. Zudem schlug ein spezielles Gerät ebenso wie ein auf die Witterung von Brandbeschleuniger spezialisierter Polizeihund in der Wohnung an. Untersuchungen ergaben, dass an zwei Sofas und in einer Schublade unter anderem mithilfe von flüssigem Grillanzünder das Feuer entfacht worden war.

Die von den Handflächen des 51-Jährigen genommenen Abriebspuren hatten laut einem LKA-Experten keine Anhaftungen von Brandbeschleuniger aufgewiesen. Das sei allerdings nicht ungewöhnlich, denn in der Regel verdunsteten diese auf der Haut bereits nach einer Stunde. Dennoch stand der Mann recht schnell unter dringendem Tatverdacht. Denn die Kriminalbeamten entdeckten bei dem während der Ermittlungen zum Brandort zurückgekehrten Hauseigentümer, dass Haare an dessen Unterarmen angesengt waren. Er erklärte bei der Polizei, das müsse wohl beim gemeinsamen Grillen mit seiner Mutter passiert sein. Vor Gericht schweigt der Mann indes beharrlich – sowohl zu seiner Person als auch zu den Vorwürfen.

Richterin rüffelt Verteidiger

Das erscheint für den Rechtsanwalt des 51-Jährigen offenbar eine probate Verteidigungsstrategie zu sein. Zudem sitzt am Montag beim zweiten Verhandlungstermin – zum Erstaunen der Vorsitzenden Richterin Ute Baisch – ein von der Verteidigung beauftragter Brandgutachter neben dem Anwalt. Mit dessen Expertise wolle er „Waffengleichheit“ herstellen und beweisen, dass sein Mandant „längst aus dem Haus war, als das Feuer ausbrach“. Doch der Gutachter wird von der Richterin umgehend in die Zuhörerreihen geschickt. „Ein Blick ins Gesetz müsste Ihnen klarmachen, dass Sie dafür einen Beweisantrag stellen müssen“, rüffelt sie den Verteidiger – wenig erfreut über dessen „Überraschungspaket“ am zweiten Prozesstag. Zuvor war er Anwalt schon von ihr gerügt worden, weil er nicht pünktlich zum Verhandlungsbeginn erschienen war. Später darf der Gutachter wieder auf seinen ursprünglichen Platz zurückkehren, Fragen muss er aber über den Verteidiger stellen. Die Verhandlung wird fortgesetzt.