Eine psychisch kranke Frau muss sich wegen Messerstichen in Rechberghausen und Uhingen vor Gericht verantworten. Unter anderem stach sie auf ihre Oma ein, die die Attacke nicht überlebte.

Rechberghausen/Uhingen - Ein Polizist öffnet die Tür des dunklen Kleinwagens, auf der Rückbank sitzt ein kleiner, blonder Junge in seinem Kindersitz und schaut die Einsatzkräfte mit großen Augen an. Daneben rauscht der Verkehr auf der B 10, hinter dem Auto steht die Mutter des Jungen in Handschellen auf dem Seitenstreifen der Bundesstraße. Als diese Szene am Montag im Landgericht Ulm auf den Monitoren des Sitzungssaals 317 abgespielt wird, schlägt die 34-jährige Angeklagte die Hände vor den Mund und kann ihre Tränen nicht mehr halten.

 

Die Aufzeichnung stammt aus der Bodycam eines Polizisten, der bei der Festnahme der Frau aus Rechberghausen im Dezember dabei war. Das Kind ist der damals eineinhalb Jahre alte Sohn, die Frau in Handschellen die Angeklagte. Kurz vor der Polizeiaktion soll die Frau drei Menschen mit Messern angegriffen haben, ihre eigene Großmutter überlebte die Attacke nicht, sie starb noch am selben Nachmittag im Krankenhaus.

Angeklagte soll an paranoider Schizophrenie leiden

Totschlag, versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung wirft der Oberstaatsanwalt Stefan Adamski der jungen Frau vor – geht aber gleichzeitig davon aus, dass sie schuldunfähig ist. Sie soll an paranoider Schizophrenie leiden und die Taten in einem akutpsychotischen Zustand begangen haben.

An jenem verhängnisvollen Dezembertag klingelte sie im Erdgeschoss bei ihrer Mutter und deren Lebensgefährten. Ein Stockwerk darüber wohnt die Großmutter, unterm Dach die 34-Jährige mit ihrem kleinen Sohn. Den Eineinhalbjährigen hat sie an der Hand, als sie klingelt. Ob er Alkohol im Haus habe, fragte sie den Freund der Mutter. Der verneinte, daraufhin ging die Frau wieder die Treppe hinauf. „Hör endlich auf!“, habe er kurz darauf die Oma rufen gehört, berichtet er als Zeuge vor Gericht. „Dann war es schon wieder ruhig.“

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Kurz darauf standen Mutter und Sohn wieder vor seiner Tür, er habe den Kleinen noch begrüßt. „Und dann hat sie mir schon das Messer reingestochen.“ Was er nicht wusste: Im ersten Stock kämpfte die Mutter seiner Lebensgefährtin vergeblich mit dem Tod. Erst habe die 34-Jährige ihre Oma in der Küche mit einem Nudelholz niedergeschlagen, anschließend mit 17 Messerstichen auf sie eingestochen, rekonstruiert Adamski in der Anklageschrift die Tat.

Opfer hatte viel Glück

Nach den Taten in Rechberghausen stieg die Frau mit ihrem Sohn ins Auto und fuhr in einen Uhinger Teilort zur Mutter eines Bekannten. Durch eine offene Tür ging sie ins Haus und rief nach der Frau. „Sie kam mir mit dem Kind entgegen und sagte, das sei das Kind von meinem Sohn“, erzählte die 55-Jährige, die als Zeugin geladen war. Sie glaubte das aber nicht, die ungebetene Besucherin ging in die Küche. „Sie nahm sich ein Messer und ich dachte: Was passiert hier jetzt?“ Trotz Aufforderung legte sie das Messer nicht weg, unvermittelt stach sie es der 55-Jährigen in die Brust.

Das Opfer hatte sehr viel Glück: „Die Klinge brach aus dem Schaft“, erzählte die Frau. Sie habe die 34-Jährige angeschrien, sie solle abhauen – was diese auch tat. Weit kam sie nicht, mehrere alarmierte Streifenwagen stellten sie auf der B 10. Das Urteil wird vermutlich am Montag, 26. Juli, gesprochen.