Am Dienstag sollte in Stuttgart der Prozess gegen einen mutmaßlichen Vergewaltiger beginnen. Doch der Mann, der auf freiem Fuß war, ist untergetaucht.

Stuttgart - Ein 38 Jahre alter Mann hätte am Dienstag vor dem Landgericht Stuttgart erscheinen sollen, um sich dem schweren Vorwurf der zweifachen Vergewaltigung zu stellen – hätte. Denn der Angeklagte ist offensichtlich untergetaucht.

 

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Vergewaltigung und Körperverletzung vor. Er soll sich am 24. Mai 2006 im Stuttgarter Schlossgarten an einer Frau vergangen haben. Er habe „mit Gewalt und gegen den Willen der mutmaßlichen Geschädigten sexuelle Handlungen an dieser vorgenommen“, heißt es zu dem Vorgang vom Landgericht.

Der zweite dem Mann vorgeworfene Fall hat sich in Fellbach im Rems-Murr-Kreis am 18. Oktober vergangenen Jahres ereignet. Der 38-Jährige soll eine Frau in deren Wohnung vergewaltigt haben.

Auf Kaution aus der U-Haft

Zwei Verteidiger, zwei Anwältinnen, die die Opfer in der Nebenklage vertreten, ein Dolmetscher für den türkischstämmigen Angeklagten, eine Staatsanwältin, zwei Berufsrichter, zwei Schöffen, eine Justizangestellte – sie alle warteten vergebens auf den 38-Jährigen. „Es war alles besprochen, wir wissen nicht, was los ist“, sagen die Verteidiger. Ihr Mandant hatte sechs Wochen in Untersuchungshaft gesessen und war am 21. März dieses Jahres gegen die Zahlung einer Kaution auf freien Fuß gekommen. Offenbar hatte man bei dem sozial eingebundenen Mann keine Fluchtgefahr gesehen. Es sieht so aus, als habe er doch noch kalte Füße bekommen.

„Alles war unter Dach und Fach“, sagt der Verteidiger Daniel Wolff. Man habe mit den beiden Geschädigten gesprochen und sich auf einen Täter-Opfer-Ausgleich geeinigt. Beide Frauen, beraten von ihren Anwältinnen Amelie Schweizer und Michaela Spandau, hatten die Entschuldigung des Mannes angenommen. Zudem war man übereingekommen, dass der 38-Jährige seinen Opfern einmal 5000 Euro und im anderen Fall 10 000 Euro Schmerzensgeld bezahlt.

Doch am Montag sei der Mann nicht zum abschließenden Gespräch vor dem Prozess erschienen, sagen die Verteidiger. Seine Familie teilte mit, sein Handy sei seit einigen Tagen aus. Man habe große Sorge, dass ihm etwas passiert sei. Dann Entwarnung: Der Mann rief an, es gehe ihm gut. Wo er sich aufhält, ist indes nicht bekannt. Auf Antrag der Staatsanwältin wird der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt. Jetzt wird nach dem Mann gefahndet.