Erneut, wie schon mehrmals seit Beginn dieses Jahres, ist Sträftätern die Flucht aus der Psychiatrie in Zwiefalten gelungen. Die drei Männer kommen jedoch nicht weit. Ein Spaziergänger sichtet die Ausbrecher und ruft die Polizei.

Erneut, wie schon mehrmals seit Beginn dieses Jahres, ist Sträftätern die Flucht aus der Psychiatrie in Zwiefalten gelungen. Die drei Männer kommen jedoch nicht weit. Ein Spaziergänger sichtet die Ausbrecher und ruft die Polizei.

 

Zwiefalten - Die Serie von Ausbrüchen aus der Psychiatrie in Zwiefalten (Kreis Reutlingen) setzt sich fort. In der Nacht zum Mittwoch haben drei Straftäter ihre Betreuer überwältigt und sind mit deren Schlüsseln geflüchtet. Weit gekommen sind sie allerdings nicht. Ein Spaziergänger, der von der Flucht im Radio gehört hatte, entdeckte die Männer in Hayingen und alarmierte die Polizei. Schon zu Jahresbeginn waren in Zwiefalten innerhalb von vier Monaten acht Straftäter geflüchtet. In der Landespolitik war daraufhin eine heftige Diskussion um die Sicherheitsmaßnahmen in den forensischen Psychiatrien entbrannt.

Die drei 30 bis 33 Jahre alten Männer hätten in der Nacht zum Mittwoch eine Raucherpause für ihre Flucht genutzt, teilte die Polizei mit. Als Pfleger das Raucherzimmer betraten, hätten die Häftlinge sie überwältigt und gezwungen, ihnen ihre Schlüssel und Telefone zu geben. Dadurch hätten sie zu Fuß flüchten können. Die Männer waren unter anderem wegen Gewalt- und Drogendelikten in den Maßregelvollzug eingewiesen worden und sollten dort eine Entzugstherapie machen. Die Pfleger blieben nach Angaben der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie unverletzt.

Kritik an Sicherheitsstandards

Die Flucht-Serie Anfang des Jahres hatte in den vergangenen Monaten bereits heftige Kontroversen über die Sicherheitsstandards in den forensischen Psychiatrien ausgelöst. Denn in der Psychiatrie genießen die Straftäter größere Freiheiten als im Gefängnis. Nach Einschätzung von Experten ist das wichtig für den Therapieerfolg.

Doch die Fachleute warnen auch, dass Straftäter und ihre Verteidiger zunehmend versuchten, das System auszunutzen: Immer wieder werde eine Drogensucht oder eine Therapiebereitschaft nur vorgetäuscht, um statt ins Gefängnis in die komfortablere Psychiatrie zu kommen, sagte etwa der Chefarzt der Psychiatrie Zwiefalten, Hannes Moser. Sozial- und Justizministerium hatten sich deshalb im Juli darauf verständigt, einen schärferen Kurs im Umgang mit gefährlichen Therapieverweigerern einzuschlagen.

Besonders Probleme gab es zuletzt mit Straftätern, die wegen fehlender Therapiebereitschaft zurück ins Gefängnis verlegt werden sollten. Viele der Anfang des Jahres geflüchteten Straftäter waren in dieser Situation. Sie haben nach Einschätzung von Experten kaum noch etwas zu verlieren und nutzen die letzte Möglichkeit vor der Verlegung in ein Gefängnis zur Flucht.

Auch bei den drei jetzt geflüchteten Straftätern habe eine Rückverlegung in ein normales Gefängnis zur Diskussion gestanden, teilte die Psychiatrie mit. Bei einem sei dies sogar schon beim Gericht beantragt worden. Für solche Fälle hatten sich Sozial- und Justizministerium im Sommer darauf geeinigt, Straftäter mit einem beschleunigten Verfahren zurück ins Gefängnis zu verlegen.