Ahmad Mansour betreut Jugendliche, die sich radikalisiert haben, und deren Familien. Die religiösen Rattenfänger können nur dann attraktiv werden, so glaubt er, wenn es nicht gelingt, die Werte dieser Gesellschaft klar und deutlich zu vermitteln.

Berlin - Ahmad Mansour war selbst in den Fängen von Fundamentalisten. Heute betreut er Jugendliche, die sich radikalisiert haben, und deren Familien. Die religiösen Rattenfänger können nur dann attraktiv werden, so glaubt er, wenn es nicht gelingt, die Werte dieser Gesellschaft klar und deutlich zu vermitteln.

 
Herr Mansour, in Ihrer Arbeit haben Sie die Erfahrung gemacht, dass Religion unter muslimischen Jugendlichen viel wichtiger ist als noch vor wenigen Jahren. Warum ist das so?
Es gibt dafür mehrere Gründe. In einer Welt, die sich so im Wandel befindet, entstehen viele Ängste. Die Mehrheit der Gesellschaft kommt damit klar. Jugendliche sind auf der Suche nach Sicherheit, Klarheit, Eindeutigkeit. Religion bietet Halt, einen strukturierten Alltag – das sind Merkmale, die viele in ihrem normalen Familienleben gar nicht mehr finden. Sie finden es großartig, zu einer Gruppe zu gehören, die davon überzeugt ist, auf der richtigen Seite zu stehen. Dazu kommt natürlich, dass wir es seit Jahren mit massiver Missionierung bestimmter Gruppen zu tun haben, die bei den Jugendlichen eine riesengroße Vorarbeit geleistet haben. Sie nutzen Angstpädagogik und provozieren Schuldgefühle, sie machen den Eltern Angst, indem sie sagen, dass die Kinder Gefahr laufen, in der westlichen Welt ihre Identität zu verlieren und sich vom Elternhaus zu entfremden. Dritter Grund: Kinder von Einwanderern bekommen in dieser Gesellschaft immer noch das Gefühl vermittelt, nicht dazuzugehören. Sie suchen eine Identität, die sie aufwertet und abgrenzt: die Religion.