Der Mensch kann von Tieren und ihrer Gesellschaft sehr profitieren, sozial als auch gesundheitlich. Dabei hilft es, sich manchmal wie ein Esel zu benehmen.

Stellen Sie sich vor, Sie würden beim Gehen nicht einfach draufloslaufen, sondern besonnen einen Fuß vor den anderen setzen. So machen es die Esel. Von uns Menschen oft als einfältig und störrisch abgestempelt, wissen diese klugen Tiere – im Gegensatz zu so manchem Zweibeiner – ganz genau, was sie wollen oder eben nicht. Sie lassen sich von keinem Chef durch die Arbeit hetzen und gehen unnötige Gefahren noch nicht einmal für eine wohlschmeckende Belohnung ein.

 

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„Esel kommen ursprünglich aus der Geröllwüste. Wenn sie kopflos und panisch davongaloppieren würden wie ein Pferd, würden sie sich die Haxen brechen. Das heißt: Esel bleiben stehen, wenn sie in irgendeiner Form unsicher sind. Sie folgen dann noch nicht einmal dem Leittier. Das ist ein sehr überlegtes Handeln“, erklärt Bettina Mutschler. Gemeinsam mit ihrem Mann Dr. Rainer Wohlfarth hat sie „Ani.Motion“ gegründet, ein Institut für tiergestützte Therapie. Die Esel sind dort nicht störrisch, sondern „charakterstark und meinungsstabil“. Patienten, beispielsweise Menschen mit Depressionen oder Angststörungen, lernen im Umgang mit diesen Tieren, ihre eigenen Bedürfnisse zu sehen und zu befolgen. Sie lernen, wie ein Esel Nein zu sagen und ihn zu leiten.

Der Esel ist gut für unsere Gesundheit

Ein Nein hat natürlich erst auf den zweiten Blick etwas mit Gesundheit zu tun, doch „Mens sana in corpore sano“, so brachte es schon vor fast 2000 Jahren der römische Dichter Juvenal auf den Punkt: In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Grenzen setzen, das ist gut für unsere Psyche. Ergo: Der Esel ist gut für unsere Gesundheit. Wie übrigens sehr viele Tiere.

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Unterschiedliche Studien weltweit haben belegt, dass der Gesang von Vögeln ebenso glücklich macht, wie eine Gehaltserhöhung, dass Herzinfarktpatienten schneller genesen, wenn ein Tier in ihrem Haushalt wohnt und dass Hunde im Büro stressmindernd wirken. Wellensittiche in einem Altenheim haben die Bewohner zu neuem Leben erweckt, Alpakas in Pflegeheimen bringen selbst Demenzkranke, die Sprache und Emotionen verloren haben, zum Strahlen, Pferde therapieren nach Traumata, ein Hund tut einem Langzeitarbeitslosen genauso gut wie der gelangweilten Millionärsgattin, denn er gibt Struktur und sorgt für ausreichend frische Luft. Sogar nachts kann ein Hund – laut einer US-Studie – zumindest bei Frauen Gutes tun und für einen tieferen Schlaf sorgen als neben dem menschlichen Partner.

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„Wir wissen, dass ruhige Tiere sofort zu einer Entspannung führen. Beim Kuscheln und Streicheln wird das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet, und das sorgt für Angst- und Stressreduktion. Tiere kommunizieren mit uns über Körpersprache, und die ist sehr viel eindeutiger als Sprache mit Worten. Besonders Hunde, aber auch Esel können unsere Körpersprache sehr gut lesen“, sagt Psychotherapeut Wohlfarth. Im Buch „Wie uns Tiere gesund machen“ erzählt er gemeinsam mit seiner Frau von einer Kuh, die bei einem Kind mit spastischen Lähmungen Verkrampfungen löst, oder von einem Jungen mit ADHS, der mit Hühnern endlich mal zur Ruhe kommt. Nicht nur Autisten bekommen Alltagsstruktur durch einen Hund: „Studien zeigen, dass Kinder, die mit Tieren groß werden, besser mit anderen spielen können, empathischer sind, einen höheren Selbstwert haben, und dass sogar die intellektuelle Entwicklung gefördert wird“, so Wohlfarth.

Forscher der Universität Kuopio in Finnland fanden heraus, dass schon Babys, die mit Tieren aufwachsen, deutlich seltener an Allergien, Atemwegsinfekten oder Mittelohrentzündungen leiden.

Natur-Erlebnisse für die Entwicklung

Die aseptische Umgebung vieler Haushalte sowie die Tatsache, dass besonders Stadtkinder Tiere oft nur noch aus dem Fernsehen oder von animierten Computerspielen kennen, hat bereits einen neuen Begriff: Nature Deficite Disorder, die Nichtkenntnis und das Nicht-mehr-Erleben der Natur. Ein Kind mit dieser Diagnose würde eine Ente immer gelb malen, nicht wissend, dass eine gelbe Ente nur in einer Badewanne überleben könnte. Blöd für solch eine Ente, würde sie ein Raubtier doch schon von Weitem hervorragend sehen, aber vor allem schlecht für alle mit dieser Diagnose, denn das Erleben in der Natur ist unabdingbar für die Entwicklung kognitiver, motorischer und sozialer Fertigkeiten eines jeden Kindes. „Wir haben den Umgang mit der Natur leider schon ein bisschen verlernt“, bedauert Psychotherapeut Wohlfarth.

Ein Besuch auf dem Bauernhof ist ein guter Anfang. Bei psychischen Erkrankungen erzielt die tiergestützte Therapie gute Erfolge, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Und dazu muss man nicht einmal in die Ferne schweifen, weiß Dr. Wohlfarth: „Besonders bekannt ist die Delfintherapie, aber Delfine haben scharfe Zähne, sind Raubtiere und könnten einen Arm einfach durchbeißen. Es gibt viele Unfälle, die aber wenig in der Öffentlichkeit erwähnt werden.“ Dem Menschen Gutes tun, das kann eine Kuh genauso gut.

Einsame Deutsche

Gesellschaft
 Egal ob Single, Witwe oder allein mit Partner: Fast 20 Prozent der Deutschen fühlen sich einsam. Alle Tiere – vom Wellensittich bis zur Goldhamster – nehmen ihren Menschen so, wie er ist, unabhängig von Alter, Schönheit, Intelligenz oder sozialem Status. Durch Gassigehen mit einem Hund kann man Blutdruck, Übergewicht und Cholesterinwerte senken. Dadurch reduziert sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.

Warnsignal
Ausgebildete Assistenzhunde erkennen am Geruch, wenn bei einem Epileptiker ein Anfall droht. Sie können Betroffene deshalb früher warnen als alle verfügbaren technischen Geräte.

Training
Reittherapien eignen sich besonders gut für Menschen mit Depressionen, ADHS, Autismus oder spastischen Lähmungen. Außerdem ist Reiten ein ideales Training bei Rückenschmerzen und Fehlbelastungen des Bewegungsapparats allgemein sowie eine gute Prävention für Muskel- und Skeletterkrankungen.