Erstmals hat Russlands Präsident Putin ungewöhnlich offen über seinen Krim-Coup gesprochen. Man habe den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch vor dem "sicheren Tod" retten müssen.

Moskau - Knapp ein Jahr nach der Einverleibung der Krim hat Kremlchef Wladimir Putin überraschend deutlich Einzelheiten der Kommandoaktion offen gelegt. Nach einer nächtlichen Krisensitzung im Kreml habe er am 23. Februar 2014 gegen 7 Uhr morgens befohlen: „Wir sind gezwungen, die Arbeit an der Rückkehr der Krim in den Bestand Russlands zu beginnen“, sagte Putin in einem am Montag vom russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Clip. Wenige Stunden vor jener Krisensitzung war der prorussische ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch nach prowestlichen Massenprotesten aus Kiew geflohen.

 

Er habe damals angewiesen, Janukowitsch vor dem „sicheren Tod“ zu retten, sagte Putin. „Es waren großkalibrige Maschinengewehre aufgestellt dort, um nicht lange zu sprechen. Wir bereiteten uns vor, ihn über Land, über Wasser oder durch die Luft aus Donezk rauszubringen.“

Am Abend des 23. Februar 2014 beendete Putin dann gemeinsam mit dem deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach feierlich die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Janukowitsch hatte mehrfach bestätigt, dass Moskau ihm nach dem Machtwechsel in Kiew zur Flucht verholfen hatte.

Nach einem umstrittenen Referendum auf der Krim am 16. März 2014 hatte Putin den Beitritt der Schwarzmeer-Halbinsel zu Russland unterzeichnet. Die Ukraine sieht darin einen Bruch des Völkerrechts.

"Große zivilisatorische und sakrale Bedeutung"

Eine Beteiligung russischer Soldaten an der Abspaltung hatte Putin mehrfach eingeräumt. „Für Russland hat die Krim große zivilisatorische und sakrale Bedeutung. So wie der Tempelberg in Jerusalem für jene, die sich zum Islam oder Judentum bekennen“, hatte er etwa als Grund dafür genannt. Die Halbinsel ist seit Jahrzehnten auch Sitz der russischen Schwarzmeerflotte mit Tausenden Soldaten.

Vor einem am Montag beginnenden Nato-Seemanöver mit deutscher Beteiligung im Schwarzen Meer waren in der Region auch russische Schiffe und Flugzeuge gesichtet worden. Diese hätten allerdings „alle internationalen Regeln“ eingehalten, sagte US-Konteradmiral Brad Williamson der bulgarischen Nachrichtenagentur BTA zufolge. An dem Manöver beteiligt sich auch der in Kiel stationierte Marinetanker „Spessart“. Seit der Krim-Annexion und dem Ostukraine-Krieg wertet Russland Nato-Schiffe im Schwarzen Meer zunehmend als Provokation.

Bei Gefechten in der Ostukraine wurden innerhalb von 24 Stunden vier Regierungssoldaten verwundet. Armee und moskautreue Separatisten warfen sich gegenseitig eine Verletzung der Waffenruhe vor. Präsident Petro Poroschenko sagte, das krisengeschüttelte Land sehne sich nach Normalität. „Wir streben nach Frieden, den wir so sehr benötigen wie die Luft zum Atmen“, betonte der prowestliche Staatschef in Kiew.