Kindergartenkinder und Schüler bringen bei der Ramtel-Putzete den Stadtteil auf Vordermann.

Leonberg - Glasscherben-Alarm! Schnell bildet sich ein Pulk um den lautstarken Finder. „Aufpassen, nur mit den Handschuhen aufheben!“, lautet ein weiser Ratschlag. Dann, fast schon mit der Selbstverständlichkeit eines Arztes, der mit der Ansage „Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!“ bekanntlich überall durchkommt, drückt sich ein Fünfjähriger dazwischen – mit einer Greifzange im Anschlag. „So geht’s!“, meint er lakonisch, bevor er das Glasstück im Müllsack versenkt.

 

Und dieser wird immer voller – Zigarettenkippen, Taschentücher, Flaschendeckel, Plastiklöffel, Pappbecher und eine „Kaka-Tüte“, damit ist der Hundekotbeutel gemeint, der offenbar denkbar knapp sein Ziel verfehlt hat, stapeln sich fast bis zum Rand. Nichts, was nicht niet- und nagelfest ist, ist vor den Saubermännern aus dem Ludwig-Wolker-Kinderhaus sicher. Da muss Anja Schaal schon mal energisch dazwischen gehen. „Nein, die Schneckenhäuser lassen wir schön liegen!“, mahnt die Kindergärtnerin und kann sich ein Lachen nicht verkneifen.

Rund 600 Helfer aktiv

Rund 600 junge Helfer sind bei der großen Putzete unterwegs, die vor zehn Jahren vom sozialen Netzwerk Ramtel-Brücke ins Leben gerufen wurde. Neben dem Kinderhaus ist auch die August-Lämmle-Schule dabei, um den Leonberger Stadtteil vom Müll zu befreien – nur der Wichern-Kindergarten muss diesmal aussetzen, weil die Kinder „schlichtweg zu jung seien“, heißt es dort. Ausgestattet mit Greifzangen, Warnwesten und Müllsäcken durchkämmen sie Straße für Straße und Wiese für Wiese. Die Neuntklässler verschlägt es gar bis zum Waldfriedhof hinauf, während die Kleinsten den Bereich „vor der Tür“ abklappern.

Weggeworfener Müll sei nicht nur wegen der Putzete ein großes Thema im Kinderhaus. „Wenn wir auf Ausflügen sind, wundern sich die Kleinen immer wieder über den sorglosen Umgang mit Abfällen“, erzählt Anja Schaal. Daher habe sie ihre Schützlinge im Vorfeld der Aktion auch nicht zweimal bitten müssen. „Viele kennen die Putzete ohnehin schon durch ihre älteren Geschwister“, berichtet sie, während Elias eine kleine Anhöhe bis vor den Zaun des Kinderhauses erklettert. “Der Sand ist kein Müll, das ist Gut!”, gibt er dann Entwarnung, bevor fast schon eine kleine Fehde um die Greifzange entbrennt. Jeder will eine haben, doch es gibt nicht genug.

Großes Umweltbewusstsein selbst bei den Jüngsten

Warum Müll nicht auf die Straße gehört? „Das ist doch Weltverschmutzung!“, befindet Lea. Ein anderes Mädchen denkt vor allem an die Tiere. „Vielleicht verletzen die sich an der Zunge, oder sie bekommen Herzprobleme und sterben dann“, meint sie und wettert gegen die „falschen Leckerlis“. Gerade auch deshalb hat es Lilith bei dem Kehraus vor allem auf Glasscherben abgesehen – zumal sie auch noch selbst ein schlimmes Erlebnis hatte. „Ich bin mal barfuß am Strand in eine Scherbe gelaufen“, erzählt die Sechsjährige. Danach habe sie der Papa die ganze Zeit herumtragen müssen, was aber wiederum ziemlich toll gewesen sein soll.

Die prall gefüllten Müllsäcke werden am Ende an Sammelplätzen deponiert und von Mitarbeitern des Bauhofs abgeholt. „Die Wiese ist sauber, aber die Schuhe dreckig“, resümiert ein Sechsjähriger und meint: „Ist auch blöd!“ Klar, wer sich so ins Zeug legt, geht nicht mit leeren Händen oder besser gesagt, mit leerem Magen nach Hause. Für die fleißigen Helfer gibt es belegte Brötchen und Getränke, gespendet von der Bürgergemeinschaft Leonberg-Ramtel.

Martina Weise ist voll des Lobes für die Aktion. „So sauber wie nach der Putzete, ist Ramtel nie wieder“, befindet die Vorsitzende der Bürgergemeinschaft. Doch leider sei es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Schmutzfinken wieder zuschlagen würden. Damit sich das ändert, hat aber Lilith einen ganz heißen Tipp: „Man muss es in die Zeitung schreiben, damit es die Leute nicht mehr machen!“ Und sollte auch das nicht fruchten? „Dann ein Strafzettel!“, meint Neil, der kein Pardon kennt.